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Am Sonntag hat die vielleicht bisher umstrittenste Fußball-Weltmeisterschaft 2022 in Katar begonnen. Gut vier Wochen nach dem Eröffnungsspiel steigt am 18. Dezember das Finale. Insgesamt werden 32 Teams in 64 Partien um den Weltmeistertitel der FIFA kämpfen. Die deutsche Nationalmannschaft um Bundestrainer Hansi Flick bekommt es in Gruppe E mit Spanien, Japan und Costa Rica zu tun.

Im ersten Gruppenspiel trifft das DFB-Team am kommenden Mittwoch auf Japan. Insgesamt acht Profis aus der 1. und 2. Bundesliga stehen im Aufgebot der "Samurai Blue". Neben den aus der Bundesliga bekannten Namen fällt beim Blick auf den Kader Japans ein ungewöhnlicher Name auf: Daniel Schmidt. Ein deutsch klingender Name im japanischen WM-Aufgebot? Die Erklärung ist einfach. Der in Illinois (USA) geborene Torhüter kam mit zwei Jahren als Sohn einer japanischen Mutter und eines amerikanischen Vaters mit deutschen Wurzeln nach Japan. Nachdem er zuvor in Japan seine Torwartausbildung absolviert und sich als Nr. 1 bei Vegalta Sendai in der J-League etabliert hatte, wechselte er zur Saison 2019/20 zum belgischen Erstdivisionär VV St. Truiden, wo er bereits in der dritten Spielzeit zwischen den Pfosten steht. Seit dieser Saison heißt sein Torwarttrainer Dennis Rudel, der noch einigen aus seiner Zeit bei den Stuttgarter Kickers, dem VfL Wolfsburg, den Kaizer Chiefs (Südafrika), Union Berlin und dem VfB Stuttgart ein Begriff ist.

Weil Daniel Schmidt nur den wenigsten Fußballfans bekannt sein dürfte, hat sich Markus Krauss, Torwarttrainer bei der U19 des VfB Stuttgart, der Frage angenommen, was von dem 30-jährigen und 1,97 m großen japanischen Nationaltorhüter zu erwarten ist. Dazu hat Markus das Torwartspiel von Daniel Schmidt für euch analysiert.

Daniel Schmidt im Torhüter-Check

In dieser Saison spielte Daniel Schmidt in 12 von 15 Spielen (Stand: 1.11.22) für St. Truiden in der ersten belgischen Liga. Dabei musste er 13 Gegentore hinnehmen und spielte 4-mal zu Null. Außerdem stand er bei eineinhalb Testspielen gegen Venezuela und die USA (beide zu Null) Ende September in Düsseldorf im Tor der japanischen Nationalmannschaft.

Als erstes hat Markus Krauss einen Blick auf die 13 Gegentore geworfen, die der japanische Keeper in diesem Jahr bei seinen Spielen hinnehmen musste.

Bei der minimalen Quote von 7,69 % der Tore führte ein Torwartfehler zum Gegentor, in 38,46 % der Gegentore hätte bei einem optimaleren Torwartverhalten nach den individuellen Kriterien von Markus Krauss eventuell ein Gegentor verhindert werden können. In 38,46 % der Tore hingegen traf ihn keine Schuld. Außerdem hätte er in 15,38 % der Aktionen mit einem Big Save zu einer Verhinderung eines Gegentores beitragen können. „Diese Verteilung entspricht ziemlich genau dem Durchschnitt eines Torhüters in den verschiedenen Ligen Europas“, untermauert Markus Krauss die Qualität des Keepers.

a) Wo hat er noch Optimierungspotenzial?

Eine nähere Betrachtung der Gegentore zeigt, dass der japanische Schlussmann nach Meinung von Markus Krauss im 1gegen1-Verhalten manchmal nicht die optimale Distanz zum Schützen findet und ab und zu in der für den Torhüter ungünstigen Red Zone zum Stehen kommt, wie das folgende Bild veranschaulicht.

Situation 2

Zu seinen Gunsten muss man aber sagen, dass er mit dieser Art der Positionierung auch schon sehr erfolgreich Situationen gelöst hat, da er sehr mutig stehen bleibt, sich abschießen lässt und kein Zucken oder Wegdrehen erkennbar ist.

Eine weitere Auffälligkeit ist, dass er in der Torverteidigung hin und wieder etwas zu weit vor seinem Tor steht. In dieser Position besteht die Gefahr, dass der Stürmer einen Bogenball über ihn hinweg ins Tor chippen kann.

Situation 1

Der einzige wirkliche Torwartfehler, der ihm unterlaufen ist, war ein Ball, den er im Spiel gegen Antwerpen nach vorne abprallen ließ. Nach diesem Spiel fiel er mit Muskelriss für drei Wochen aus. Schon während des Spiels gab es immer wieder Anzeichen, dass er schon früh im Spiel körperliche Probleme hatte.

b) Seine Stärken

Seine besondere Klasse kommt durch den folgenden Wert zum Ausdruck. In seinen Einsätzen in dieser Saison gelangen dem 1,97 m großen Athleten, der trotz dieser Größe sehr dynamisch und explosiv wirkt, acht Big Saves und dies immer bei Spielständen, die Spitz auf Knopf (0:0, 1:0) standen und er somit auf den Spielausgang entscheidend Einfluss nehmen konnte.

Seine besonderen Fähigkeiten liegen zudem ganz klar in der Strafraumbeherrschung und beim Abfangen von Flanken. Dies macht eine von Markus Krauss über den gleichen Zeitraum erstellte Analyse zur Raumverteidigung im Vergleich mit anderen europäischen Spitzentorhütern deutlich. Der japanische Nationaltorhüter „fischt“ ca. 1,7 Flanken pro Spiel herunter und führt die Tabelle in diesem Bereich vor Kepa/Mendy (1,33), ter Stegen (0,88), Maignan (1,4), Müller (0,85) und Vlachodimos (1,28). Deutlicher kann man seine außergewöhnliche Klasse in diesem Bereich nicht zum Ausdruck bringen. Bei early cross Hereingaben hat er außerdem eine sehr mutige Position und agiert überaus vorausschauend.

Eine eher untergeordnete Rolle spielte im bisherigen Saisonverlauf bei belgischen Erstligisten hingegen das Mitspielen mit dem Fuß oder Kopf außerhalb seiner Box, wobei dies auch stark mit der Spielweise seiner Mannschaft im Gesamten zu tun hat. Dass er mit dem Ball umgehen kann, wird er aber sicherlich in der Nationalmannschaft Japans unter Beweis stellen müssen, in der – im Gegensatz zur Spielweise in Belgien – auf einen Spielaufbau mit Kurzpassspiel von hinten heraus Wert gelegt wird. Grundsätzlich hat Schmidt aber keine Schwierigkeiten am Fuß, lässt sich von gegnerischem Druck nicht aus der Ruhe bringen und spielt sehr gute lange Bälle, sowohl mit rechts als auch mit seinem „schwächeren“ linken Fuß. Seine Fähigkeiten sind in diesem Bereich zweifelsohne auf sehr gutem europäischen Niveau. Es wird sich zeigen, ob er seinen Spielstil in der kurzen Vorbereitungszeit auf die WM auf die Spielweise mit der Nationalmannschaft anpassen kann.

Häufig ist es auch sein Ziel, das Spiel durch gezielte Abwürfe schnell zu machen und Dynamik für die eigene Mannschaft zu entwickeln. Zudem verfügt Schmidt über einen sehr langen Abschlag, mit dem er auch versucht, im schnellen Konterspiel Torchancen einzuleiten.

Setzt sich Daniel Schmidt gegen seine Konkurrenten durch?

Welcher Torhüter im Eröffnungsspiel und weiteren Verlauf des Turniers im Tor der Japaner stehen wird, ist noch offen. Daniel Schmidt muss sich beim Kampf um die Nr.1 mit dem 33 Jahre alten Shuichi Gonda duellieren, welcher bei Shimizu S-Pulse in der japanischen J-League spielt. Sein Konkurrent ist 10 cm kleiner und wirkt nach Einschätzung von Markus Krauss dennoch weniger athletisch und dynamisch als der Legionär in Belgien. Das Torwarttrio komplettiert der 39-jährige Eiji Kawashima, der seit 2018 beim französischen Erstligisten Racing Straßburg unter Vertrag steht und mit 96 Länderspielen für Japan eine Torwart-Ikone bei den Asiaten ist. Ähnlich wie in Straßburg dürfte Kawashima aber auch in der japanischen Nationalmannschaft nur noch die Rolle des Backup spielen. Dennis Rudel, Schmidts Trainer beim VV St. Truiden, sieht seinen Schützling im Vorteil gegen den bisherigen Platzhirschen: "Ich glaube, dass Daniel zuletzt viele Pluspunkte mit seinen konstant guten Leistungen sammeln konnte."

Analyse

Artur Stopper

Artur Stopper

Mit über 25 Jahren Erfahrung als Torwarttrainer weiß Artur, wie Torhüter ticken. Deshalb bevorzugt er Themen, die die Welt der Torhüter ausmachen: Vereinswechsel, Tiefschläge, Pechsträhnen, Höhenflüge, Emotionen, Ersatzbank, Halbgötter, Erfolge.

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