Nur ein aktueller Stammtorhüter in der Bundesliga wurde im eigenen Verein ausgebildet, nämlich Robin Zehntner von Mainz 05. Das ist aber nicht das einzige Alleinstellungsmerkmal, das der Bundesligist aus der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt gegenüber den Ligakonkurrenten hat. Noch beeindruckender ist eine andere Tatsache: Alle drei Torhüter des aktuellen Bundesligakaders durchliefen bei den Rheinhessen die eigenen Jugendabteilungen. Stammtorhüter Robin Zehntner und Lasse Rieß kamen mit 12 Jahren zum Verein, Finn Dahmen spielt seit der U11 für die Mainzer. Alle drei Torhüter sind also bereits über 10 Jahre im Verein. Während Robin Zehntner unangefochten seine Position als die Nummer eins im Bundesligateam behauptet, bekommt Lasse Rieß regelmäßige Einsätze im U23-Team des Vereins. In punkto Spielpraxis kommt nur einer zu kurz, Ersatztorhüter Finn Dahmen. Eine sehr unbefriedigende Situation für den 24-Jährigen.
Finn Dahmen möchte Stammtorhüter werden
Schließlich gilt Finn Dahmen als eines der größten Torwarttalente in Deutschland. Spätestens seit dem Gewinn des Europameistertitels mit der deutschen U21-Nationalmannschaft wurde eine breite Öffentlichkeit auf das Talent aufmerksam. Seine überragenden Auftritte bei dem Turnier waren auch für Mainz-Trainer Bo Svensson Grund genug, einen offenen Kampf um die Nummer 1 der Rheinländer auszurufen, den der frisch gekrönte EM-Sieger aber gegen seinen 27-jährigen Konkurrenten Robin Zentner knapp verlor.
Bereits im Februar äußerte Dahmen seine Unzufriedenheit mit der Situation auf der Ersatzbank. Allerdings blieben in der Wechselperiode im Sommer Angebote aus, die die Erwartung des Keepers, nämlich als Nummer eins in einem Bundesligateam einzusteigen, erfüllten. Deshalb erschien das Angebot des FC Augsburg gegen Ende der Transferperiode verlockend, den bis dahin immer wieder schwächelnden FCA-Stammtorhüter Rafal Gikiewicz zu beerben. Laut Medienberichten hatte sich die 24 Jahre alte Nummer zwei von Mainz 05 bereits mündlich mit den Verantwortlichen des FC Augsburg auf einen Vertrag bis 2026 geeinigt. Die Augsburger waren bereit, ein finanzielles Gesamtpaket von bis zu 1,5 Millionen Euro inklusive möglicher Bonuszahlungen für den deutschen U21-Europameister zu zahlen. Heidel jedoch blockte ab, vor allem, weil sich auf dem Markt kein passender Dahmen-Ersatz für die 05er fand. Nachdem Gikiewicz dann mehrfach hintereinander überragende Leistungen ablieferte, verabschiedete sich Augsburg aus dem Poker. So zerschlug sich der Wechsel. Dass die augenblickliche Situation für Dahmen unbefriedigend ist, äußerte der 1,88 m große Keeper bereits im Frühjahr in einem Interview mit transfermarkt.de: „Für mich persönlich ist es gerade natürlich keine einfache Situation. Ich glaube, jeder Fußballer weiß, dass es schwierig ist, wenn man nicht spielen darf.“ Ob er allerdings in der Nachbetrachtung in Augsburg glücklich geworden wäre, ist angesichts der zuletzt überragenden Saisonleistungen von FCA-Schlussmann Rafal Gikiewicz mehr als zweifelhaft. Die Wahrscheinlichkeit ist aber sehr hoch, dass sich Finn Dahmen im Sommer 2023 von Mainz verabschieden wird, noch dazu ablösefrei. Sein Noch-Trainer Bo Svensson hat dafür Verständnis: „Ohne Spielpraxis kannst du dich irgendwann nicht mehr so gut weiterentwickeln“, auch wenn er vorerst froh ist, Dahmen weiterhin im Kader zu haben.
Lasse Rieß steht als neuer Kronprinz bereit
Sollte Finn Dahmen im Sommer den Verein verlassen, sind die Mainzer Verantwortlichen aber davon überzeugt, dass sie den Abgang aus den eigenen Reihen kompensieren zu können und nicht zwingend einen neuen Torhüter für das Profiteam verpflichten müssen. Für Cheftrainer Bo Svensson steht nach seinen Eindrücken aus Trainingsspielen des Bundesligakaders jedenfalls fest, dass der 21-jährige Lasse Rieß, aktuell Stammtorwart der U 23 in der Regionalliga, auf Bundesliga-Niveau mithalten kann: „Wenn Lasse in einem Tor steht und Finn oder auch Robin im anderen, hat keine Mannschaft mehr einen Vor- oder Nachteil. Lasse ist in allen Bereich gleichauf: Wie er hält, mit den Füßen, auch wie er coacht. Das ist ein sehr gutes Zeichen.“
Der 1,91 Meter große Keeper, der seit 2012 für den FSV zwischen den Pfosten steht, freute sich bei der Vertragsunterzeichnung Mitte des Jahres bis 2025 schon einmal auf seine weitere Zukunft in Mainz: "Bei Mainz 05 bin ich in den besten Händen. Für junge Torhüter ist es einer der besten Vereine in der Bundesliga. Hier bekomme ich eine Top-Ausbildung und optimale Voraussetzungen für meine Entwicklung, und das in einem tollen, vertrauensvollen Umfeld. Darüber hinaus gibt es nichts Schöneres, als seinen Vertrag bei seinem Heimatverein zu verlängern. Ich bin sehr glücklich!"
Es wird interessant sein, ob Mainz 05 auch in Zukunft diesen seit vielen Jahren überaus erfolgreichen Weg, die Torhüter möglichst im eigenen Verein auszubilden, weiter beschreiten kann. Weitere gute Torwarttalente drängen bereits nach, auch wenn der Weg ganz nach oben ein weiter sein wird.