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Der deutsche Meister FC Bayern München steht nach den verschobenen Comeback-Plänen von Nationaltorhüter Manuel Neuer auf der Torwartposition mächtig unter Druck. Denn kurz vor dem Saisonstart der Fußball-Bundesliga am kommenden Wochenende sind die Münchener noch ohne klare Nummer eins im Tor. Nachdem die Verantwortlichen der Bayern zum Saisonstart auf eine Rückkehr Neuers nach seinem folgenschweren Ski-Unfall vor neun Monaten gehofft hatten, scheint diese nach einer erneuten Operation des Kapitäns in weiter Ferne. Ganz im Gegenteil: Wie die "Bild" berichtete, gehe man bei den Bayern mittlerweile "hinter vorgehaltener Hand" erst von einem Comeback 2024 aus. Damit wäre Neuer ein komplettes Kalenderjahr außer Gefecht und möglicherweise erst 2024 wieder einsatzbereit. Eine schwierige Situation, denn mit Yann Sommer (zu Inter Mailand), Alexander Nübel (zum VfB Stuttgart) und Johannes Schenk (zu Preußen Münster) wurden in der laufenden Transferperiode drei Torhüter abgegeben. Momentan steht den Bayern nur Sven Ulreich zur Verfügung. Was tun?

Option 1: Auf Sven Ulreich setzen

Die aktuelle Situation in München ähnelt der im vergangenen Winter, nachdem sich Neuer im Skiurlaub die schwere Verletzung zugezogen hatte. Bereits damals stand die Frage im Raum, ob die Bayern bis zur Genesung Neuers auf seinen Vertreter Sven Ulreich setzen oder einen Torhüter verpflichten sollen, der vermeintlich besser ist als der Ex-Stuttgarter. Obwohl Ulreich ein gutes Standing innerhalb der Mannschaft hatte und immer seine Leistung brachte, wenn er Neuer vertreten musste, schien damals wie heute das Vertrauen der Bayern-Verantwortlichen in seine Fähigkeiten nicht groß genug, ihm diese Aufgabe anzuvertrauen. Erst vor kurzem machte Sven Ulreich keinen Hehl daraus, dass er gerne spielen würde: "Natürlich würde ich mich auch freuen, wenn ich die Möglichkeit bekomme, mich zu zeigen. 2018 habe ich das, denke ich, hervorragend gemacht, als ich Manu vertreten habe." Zur Erinnerung: In der Saison 2017/18 hatte der Schlussmann den Beweis seiner Klasse erbracht, als er Neuer, für den die Saison aufgrund eines Fußbruches die Saison frühzeitig beendet war, in 29 Spielen ausgezeichnet vertrat.

Unabhängig von der Causa Ulreich kommen die Münchener um die Verpflichtung eines weiteren Keepers nicht herum. Denn nach den Abgängen von Sommer, Nübel und Schenk stünde im Moment nur noch Ulreich als gestandener Torhüter zur Verfügung. Eine Situation, die dem Verein gar keine andere Option lässt, als sich auf dem Transfermarkt umzuschauen.

Option 2: Auf einen wiedererstarkten Neuer hoffen

Zweifellos war Manuel Neuer im vergangenen Jahrzehnt einer der Leistungsträger bei den Bayern, vielleicht sogar deren wichtigster. Insofern hat sich der fünfmalige Welttorhüter in all den Jahren viele Meriten erarbeitet. Diese Dankbarkeit gegenüber ihrem Führungsspieler ist im Verein jederzeit spürbar und absolut menschlich. Allerdings kann die Rücksichtnahme und das Festhalten am 117-fachen Nationaltorhüter mittelfristig zum Problem für die Bayern werden. Denn Neuer ist inzwischen 37 Jahre alt und kommt, wenn er wieder fit ist, aus einer schweren Verletzung zurück, die ihn voraussichtlich ein Jahr lang außer Gefecht gesetzt haben wird. Gepaart mit einer Spielpause von mehr als 10 Monaten dürfen zumindest Zweifel erlaubt sein, ob Neuer überhaupt noch einmal zu seinem alten Leistungsvermögen zurückfinden kann, zumal er bereits vor seiner Verletzung in seinen Leistungen schwankender war als zu seinen besten Zeiten. In Unkenntnis des Genesungsprozesses und des medizinischen Hintergrundes ist es aber schwierig, diesen Aspekt objektiv einzuschätzen. Zweifellos geht der FC Bayern aber bei der Wahl dieses Weges zumindest in eine große Ungewissheit. Deshalb darf die Frage diskutiert werden, ob es Sinn macht, die sportliche Zukunft auf der Torwartposition an einem 37-Jährigen auszurichten.

Option 3: Eine Nummer eins für die Zukunft

Übrig bleibt die letzte Frage, ob es nicht besser ist, langfristig zu denken und auf eine starke neue Nummer eins zu setzen, auch wenn sich Neuer vielleicht gekränkt und demotiviert fühlen könnte. Sehr oft ist vom Leistungsprinzip im Spitzenfußball die Rede, das dann auch für Manuel Neuer gelten müsste. Vielleicht gelänge es ihm dann leichter, sein Ego über Bord zu werfen, wenn er sich in Erinnerung ruft, was und wer der Auslöser für alle diese Aktionen war.

Namen von möglichen Torwart-Kandidaten schwirrten in den vergangenen Wochen zuhauf durch die Medienlandschaft. Wie Bayerns Vorstandsvorsitzender Jan-Christian Dreesen auf der Pressekonferenz zur Vorstellung von Neuzugang Harry Kane offenlegte, waren sich die Bayern bereits mit dem Spanier Kepa Arrizabalaga von Chelsea London einig. „Wir hätten heute mit Kepa einen Torwart präsentieren wollen“, sagte er. Aber der frühere Chelsea-Profi und spanische Nationaltorhüter, den die Blues 2018 zum teuersten Torhüter der Fußballgeschichte gemacht hatten, entschied sich kurzfristig für eine Rückkehr in sein Heimatland zu Real Madrid, nachdem die Madrilenen Ersatz für den Langzeitverletzten Thibaut Courtois (Kreuzbandriss) gesucht hatten.

Seit dem vergangenen Wochenende muss ein weiterer Name, der bisher in München hoch gehandelt wurde, von der Kandidatenliste gestrichen werden: Geronimo Rulli. Denn der argentinische Nationaltorhüter in Diensten von Ajax Amsterdam verletzte sich zum Saisonauftakt der Eredivisie beim 4:1-Erfolg von Ajax gegen Almelo so schwer an der Schulter, dass er in der 32. Minute ausgewechselt werden musste, voraussichtlich drei Monaten ausfallen und deshalb in den Überlegungen der Bayern keine Rolle mehr spielen wird. Neben dem viermaligen Nationalspieler Argentiniens werden zudem Giorgi Mamardashvili (FC Valencia, 22 Jahre, Vertrag bis 2027), Sevilla-Keeper Bono (FC Sevilla, 32 Jahre, Vertrag bis 2025), David de Gea (32 Jahre/vertragslos, zuletzt Man United) und Kamil Grabara (FC Kopenhagen, 24 Jahre, Vertrag bis 2026) vom FC Kopenhagen mit dem FC Bayern in Verbindung gebracht.

Wie immer die Entscheidung aussehen wird: Letztendlich ist es für die Bayern ein Abwägungsprozess, ob sie viel Geld in die Hand nehmen wollen, um eine zukünftige Nummer eins aufzubauen, oder weiter darauf hoffen, dass Neuer auf einem gewissen Niveau zurückkommt. Dabei stellen sich die grundsätzlich zwei Fragen: Zum einen welcher sehr gute Torhüter überhaupt unter der Voraussetzung nach München kommen würde, mit der Rückkehr Neuers ins zweite Glied rücken zu müssen, und zum anderen welcher Torhüter überhaupt auf dem Markt ist, der den Bayern langfristig weiterhelfen würde. Wie Sky berichtete, diskutieren die Bayern inzwischen wieder die dritte Option, nämlich bis zum Comeback von Manuel Neuer auf Sven Ulreich zu vertrauen, der bereits im Supercup gegen RB Leipzig zwangsläufig das Münchner Gehäuse hüten durfte.

Die Torwart-Frage beim FC Bayern bleibt also weiter ungeklärt. Es wird interessant werden, wie die Lösung aussehen wird. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird die Rangordnung und Aufstellung im Torwartteam davon abhängig sein, welcher Torhüter unter den genannten Bedingungen überhaupt bereit sein wird, nach München zu kommen, und welche Klasse er mitbringt.

Blickpunkt

Artur Stopper

Artur Stopper

Mit über 25 Jahren Erfahrung als Torwarttrainer weiß Artur, wie Torhüter ticken. Deshalb bevorzugt er Themen, die die Welt der Torhüter ausmachen: Vereinswechsel, Tiefschläge, Pechsträhnen, Höhenflüge, Emotionen, Ersatzbank, Halbgötter, Erfolge.

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