Gianluigi Buffon hat seine aktive Karriere nach 28 Jahren beendet. Der eigentlich noch bis zum 30. Juni 2024 laufende Vertrag bei Parma Calcio wurde aufgelöst. Der Verein verkündete Buffons Abschied offiziell, nachdem italienische Medien am Wochenbeginn darüber berichtet hatten. Ursprünglich wollte Buffon erst 2024 die Handschuhe an den Nagel hängen. Doch nun sah er offenbar bereits jetzt den Zeitpunkt gekommen, „Ciao“ zu sagen. Mit 45 Jahren ist nun Schluss.
Italien hat in seiner Fußballgeschichte viele großartige Torhüter vorzuweisen. Unvergessen sind vor allem Dino Zoff, der als einziger Italiener Welt- und Europameister wurde, und Walter Zenga, der zwischen 1989 und 1991 dreimal in Folge zum Welttorhüter gewählt wurde. Doch selbst diese beiden Ausnahmekeeper können nicht an den Status von Gianluigi Buffon heranreichen. „Buffon ist es gelungen, den Mythos Dino Zoff in den Schatten zu stellen", formulierte die große italienische Sportzeitung "Corriere dello Sport". Die Fußballbühne verliert zweifellos einen der besten und erfolgreichsten Torhüter, den es jemals gab.
Eine beindruckende Karriere
Buffons Erfolge und Leistungsdaten sind beeindruckend. Für seinen Jugendklub AC Parma, zu dem er 2021 zurückgekehrt war, seinen Herzensklub Juventus Turin, bei seinem einjährigen Abstecher zu Paris Saint-Germain und für die italienische Nationalmannschaft absolvierte der Torhüter in all den Jahren insgesamt 1 151 Spiele. Mit 176 Einsätzen für die "Squadra Azzurra" ist er mit großem Vorsprung Rekordnationalspieler Italiens vor Fabio Cannavaro (135) und Paolo Maldini (125). In all den Jahren sammelte Buffon zehn Meistertitel (neun mit Juventus Turin, einen mit PSG), sechs nationale Pokalsiege und als Krönung den Weltmeistertitel im WM-Finale 2006 gegen Frankreich. Als einziger Torhüter neben Iker Casillas (Spanien) und Manuel Neuer wurde er fünf Mal zum Welttorhüter des Jahres gewählt. 657 Serie-A-Spiele stehen bei ihm zu Buche, damit stellte er einen weiteren Landesrekord auf. Zudem gehören 117 Champions-League-Auftritte mit den Bianconeri zu seinen Leistungsdaten.
Allein ein sportlicher Makel haftet ihm an. Der Triumph in der Champions League blieb ihm verwehrt, drei Mal scheiterte er mit Juventus im Finale. "Meine Karriere ist nicht komplett, wenn ich diesen Henkelpott nicht gewinne", sagte er einmal.
Mitspieler und Gegner würdigen ihn
Ein großer Bewunderer von "Grande Gigi" war ausgerechnet eine weitere Torwart-Ikone des Weltfußballs, Iker Casillas. Der 167-malige spanische Nationaltorhüter, der in 18 Jahren bei Real Madrid ähnliche Erfolge vorzuweisen hat, lobte Buffon einst in einem UEFA-Interview: "Ich habe das Glück, drei Jahre jünger als Gigi zu sein. Ich war 14, als ich angefangen habe, und er war 18. Ich habe seinen Stil und seine Persönlichkeit gesehen und ihn schätzen gelernt. Als ich aufwuchs, habe ich zu ihm aufgeschaut, und als wir uns gemeinsam entwickelt haben, hatten wir ähnlich verlaufende Karrieren. Wir haben beide eine Menge gewonnen und haben oft gegeneinander gespielt. Ich glaube nicht, dass der italienische Fußball jemals noch so einen Torhüter wie ihn haben wird. Er ist Teil der Geschichte dieses Spiels."
Der frühere Bayern-Stürmer und Nationalmannschaftskollege Luca Toni bezeichnete Buffon überschwänglich als "Größten der Geschichte". Und Andrea Pirlo, jahrelanger Mitspieler von Buffon bei Juventus und selbst eine Ikone des italienischen Fußballs, adelte "Grande Gigi" als "Superman des Weltfußballs. Er ist ein Held unserer Zeiten - für immer."
Selbst der deutsche 2014er Weltmeister Bastian Schweinsteiger würdigte Buffon nach dessen Rücktritt. "Eine wahre Legende verlässt die Fußballbühne. Du hast im Laufe der Jahre mehrere Generationen beeinflusst, du bist einer der Besten, die jemals zwischen den Pfosten gestanden haben. Aber in erster Linie ein wahrer Gentleman", schrieb Schweinsteiger bei Twitter.
Auch PSG-Star Kylian Mbappé, mit dem Buffon ein Jahr bei den Parisern zusammengespielt hatte, meldete sich: „Es ist eine große Ehre für mich, dass ich die Chance hatte, mit dir zusammenzuarbeiten und den Weg deiner legendären Karriere zu kreuzen. Ein goldener Mann mit wertvollen Ratschlägen, die ich mein ganzes Leben lang mit mir herumtragen werde. Gute Fahrt und vor allem DANKE“, schrieb der Weltmeister von 2018.
Was zeichnete Buffon aus?
Buffons Spiel war nicht die Show, sondern seine Spielweise bestand eher in der Einfachheit. „Ich bin nicht für die Akrobatik zuständig, sondern dafür da, die verdammten Bälle zu halten", pflegte er zu sagen. Er verkörperte mehr den Typ Linientorhüter als den modernen Torhüter, der das Spiel mit dem Fuß liebt und mit hohem Risiko die Flucht nach vorne sucht. Seine besonderen Fähigkeiten lagen vor allem auf der Linie und im Stellungsspiel.
Buffon war vom Erfolg besessen. „Ich habe den absoluten Drang zu siegen, das Alter auf meinem Personalausweis bedeutet diesbezüglich recht wenig. Der Wille allein zählt", sagte er. Denn trotz der zahlreichen Titel war der Italiener auch im sportlichen Alter weiter erfolgshungrig. „Man wird nie satt. Je älter man wird, desto besser schmecken die Erfolge, weil es die letzten sein könnten", begründete er seine nie nachlassende Gier auf Titel.
Im Privatleben nicht immer unumstritten
Die Fans lagen ihm weit über die Landesgrenzen Italiens zu Füßen, auch wenn sein Privatleben einige dunkle Stellen aufweist. Er stand im Verdacht, illegal auf Spiele der ersten Liga gewettet zu haben, und das gleich mehrere Male. Auch wenn die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen immer ins Leere liefen, den Ruf, ein Zocker zu sein, konnte er nie ablegen. Auch machte er nie einen Hehl daraus, dass juristische Absprachen eine mögliche Verurteilung verhindert haben.
Andere Flecken auf seiner Karriere, hässlich braune, sind geblieben. Zeitweilig war er auch dem Vorwurf ausgesetzt, politisch eine gewisse Nähe zum rechten Milieu zu haben. In Parma trug er ein T-Shirt mit dem Faschistenspruch „Boia chi molla“ („Gehängt sei, wer aufgibt“). Später spielte er mit der Rückennummer 88, einem rechtsextremen Schlüsselsymbol (achter Buchstabe im Alphabet ist „H“; HH – Heil Hitler“). Buffon hat sich dazu nur fadenscheinig erklärt. Er habe sich für die Zahl entschieden, "weil sie mich an vier Eier erinnert. Und im Fußball braucht man Eier. In Italien wissen wir alle, was es bedeutet, Eier zu haben: Stärke und Entschlossenheit."
Buffon sorgte auch anderweitig für Aufsehen. 2001 musste er 3000 Euro Strafe zahlen, weil er sich mit einem gefälschten Abiturzeugnis zum Jurastudium einschreiben wollte.
Nicht vergessen haben ihm die Juve-Fans allerdings seine Treue zum Verein, als er nach dem Zwangsabstieg 2006 infolge jahrelanger Schiedsrichterbestechungen im Gegensatz zu vielen seiner Mitspieler Juventus für eine Saison in die zweite Liga begleitete. "Das war ich den Tifosi schuldig", begründete Buffon seine Entscheidung.
Nun beginnt ein neuer Lebensabschnitt für ihn. Medienberichten zufolge soll er künftig die Rolle als Delegationschef der italienischen Nationalmannschaft übernehmen. Er wird also möglicherweise dem Fußball erhalten bleiben. Es wird sich zeigen, ob er in dieser Funktion genauso erfolgreich sein kann wie in seinem Fußballerleben.