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Die Zahl lässt aufhorchen, weil sie im heutigen Profi-Fußball eher die Ausnahme ist. Fast unfassbare 20 Jahre spielt Ralf Fährmann inzwischen für Schalke 04. Diese enorme Bindung zu einem Verein ist eher ungewöhnlich in der heutigen Zeit, in der Vereinswechsel zum Alltag gehören. 2003 war er als Vierzehnjähriger aus der Jugend des Chemnitzer FC zu den Königsblauen gewechselt, die fortan sein Leben bestimmten. Nur drei kurze Intermezzi bei anderen Klubs (Eintracht Frankfurt, Norwich City, Brann Bergen) sorgten für Unterbrechungen, ansonsten war der 1,96 m große Hüne immer ein Königsblauer. Doch seine sportliche Zeit auf Schalke verlief nicht immer gradlinig, eher gleicht sie einer Achterbahn. Vom gefeierten Helden bis zum aussortierten Buhmann, alles war dabei in der Karriere des 34-jährigen Schlussmanns. Geblieben ist in all den schwierigen Jahren aber immer eines: Seine große Liebe zum Verein.

In der momentan sportlich schwierigen Situation mit Abstiegskampf ist Ralf Fährmann wieder einmal eine wichtige Säule für die Mannschaft. Denn er lebt zwei Tugenden vor, ohne die Schalke in der Bundesliga nur schwerlich bestehen wird: Zum einen seine bedingungslose Identifikation mit dem Verein, verbunden mit dem Glauben, dass Schalke am Ende die Bundesliga halten wird, und zum anderen dem Willen, niemals aufzugeben in diesem Ziel.

Zwischen Helden und Buhmann

Ralf Fährmann hat zeifellos eine besondere Bindung an den Verein. Nach seiner Zeit in der Schalker Talentschmiede unterschrieb Fährmann im Januar 2007 seinen ersten Profivertrag. Ab der Saison 2007/08 stieg er zur Nummer 3 hinter Stammtorhüter Manuel Neuer und Ersatzmann Mathias Schober auf, zum Einsatz kam er aber nur in der zweiten Mannschaft. Da er auf Schalke mittelfristig keine Zukunft sah, schloss er sich zur Saison 2009/10 dem Ligakonkurrenten Eintracht Frankfurt an. Bei den Hessen trat erstmals auf, was ihn in seinem weiteren Fußballleben ein häufiger Begleiter werden sollte: Verletzungspech. Bereits im Oktober zog sich einen Innenbandabriss im linken Knie und einen Einriss im vorderen Kreuzband zu. Neben der schweren Verletzung mit monatelanger Pause kam erschwerend hinzu, dass die Eintracht am Saisonende aus der Bundesliga abstieg. Seine Karriere war erneut ins Stocken geraten.

Da Nationaltorhüter Manuel Neuer zu Bayern München wechselte, zog Fährmann eine Ausstiegsklausel, die er sich wohl in weiser Voraussicht eines möglichen Abgangs von Neuer auf Schalke in seinen Vertrag bei den Hessen einbauen ließ, und kehrte ablösefrei mit einem Vierjahresvertrag bis 2015 zu seiner großen Liebe zurück. Das Schicksal meinte es aber wieder nicht gut mit ihm. Am 9. Spieltag der Saison zog Fährmann sich in der Partie gegen den 1. FC Kaiserslautern erneut einen Kreuzbandanriss zu und musste mehrere Monate pausieren. Die Ersatzkeeper Lars Unnerstall und der später verpflichtete Timo Hildebrand zogen während der Verletzungspause an ihm vorbei. Nach seiner Genesung musste er sich wieder hintenanstellen. Erst eine Verletzung und Schwächephase Timo Hildebrands ermöglichten ihm wieder Spieleinsätze. Mit großartigen Leistungen speziell in der Rückrunde eroberte er sich die Stammtorhüterposition zurück und sorgte dafür, dass sein Namen des Öfteren im Zusammenhang mit der Nationalmannschaft genannt wurde.

Wenig überraschend ging Fährmann daher auch in der Spielzeit 2014/15 als Nummer eins in die Saison. Doch das Schicksal verschwor sich erneut gegen ihn. Im Trainingslager in Katar zog er sich eine Kreuzbandverletzung zu und verpasste daraufhin den Start in die Rückrunde. Erst am 27. Spieltag kehrte er ins Tor zurück und trug mit starken Leistungen entscheidend dazu bei, dass sich die Mannschaft noch für die UEFA Europa League qualifizierte. Daraufhin verlängerte Fährmann seinen Vertrag bis 2020. Drei Jahre lang war er fortan die Nummer eins. Erst in der Saison 2018/19 verlor er zur Rückrunde seinen Stammplatz an U21-Nationaltorhüter Alexander Nübel und kam nur noch in der Champions League zum Einsatz.

Zur Saison 2019/20 verlängerte Fährmann seinen Vertrag erneut bis 2023. „Mit der Vertragsverlängerung haben wir eine länger zurückliegende Zusage des Vereins umgesetzt. Ralf ist als Identifikationsfigur ein starkes Stück Schalke“, erklärte der damalige Sportvorstand Jochen Schneider. Weil der inzwischen 30-Jährige seinen Stammplatz an Nübel verloren hatte, sollte ihm ein Wechsel in die Premier League zum Aufsteiger Norwich City wieder zu Einsatzzeiten verhelfen. Es kam anders. Die Ersatzbank war auch dort sein Begleiter. Deshalb wurde er Anfang März bis zum 30. Juni 2020 an den norwegischen Erstligisten Brann Bergen weiterverliehen. Weil der Spielbetrieb aber wegen der Corona-Pandemie unterbrochen wurde, kam er in Bergen ebenfalls nicht zu Spieleinsätzen und kehrte zu Schalke 04 zurück. Anders als beabsichtigt, waren die Leihgeschäfte für Fährmann eine sportlich schwierige Zeit mit wenig Spielpraxis.

Doch auch aus diesem sportlichen Tief kämpfte sich der Keeper wieder heraus. Nachdem Alexander Nübel zu Bayern München gewechselt war, sollte eigentlich U21-Nationaltorhüter Markus Schubert, Neuverpflichtung von Dynamo Dresden, die Rolle seines Vorgängers im DFB-Team übernehmen. Doch Cheftrainer David Wagner baute bereits vor Saisonbeginn auf den Rückkehrer Ralf Fährmann. Er habe sich „kontinuierlich gesteigert“ und es sei „zu 100 Prozent Verlass“ auf ihn, begründete Wagner seine Entscheidung für Fährmann. Wie Phönix aus der Asche war der bereits Abgeschriebene wieder zur Nummer eins aufgestiegen.

Auch in den Folgejahren wechselten seine Spieleinsatzzeiten. Es gab immer wieder Trainer, die auf ihn setzten, oder andere, die ihn ins zweite Glied abschoben. Eines ist in seiner Karriere aber durchgehend: Immer wieder kehrte das Stehaufmännchen Ralf Fährmann mit starken Leistungen überzeugend zurück, wenn er eigentlich bereits abgeschrieben war. Dies offenbart einen Charakterzug des inzwischen 34-Jährigen. Er hat nie aufgegeben, auch wenn er zur Nummer zwei oder sogar drei aussortiert worden war.

Mit Fährmann zurück auf der Erfolgsspur

Momentan steht er wie kaum ein anderer Schalker Spieler für den Aufschwung des FC Schalke 04, nachdem sich der neue Trainer Thomas Reis auch auf der Torhüterposition für einen mutigen Schnitt entschieden hatte und statt Alexander Schwolow wieder Ralf Fährmann als Nummer eins auf Schalke inthronisierte. Bisher zahlte sich das Fährmann-Comeback aus. Die einstige Schießbude „FC Schalke 04“ ist dichter. Mehrere zu-Null-Spiele zeugen davon, auch wenn die königsblaue Erfolgsserie am vergangenen Wochenende im Heimspiel gegen Bayer Leverkusen nach acht Partien in Folge ohne Niederlage mit einer 0:3-Schlappe zu Ende ging.

Der 34-jährige Schlussmann kommt inzwischen auf 273 Einsätze für die Knappen, weitere Einsätze dürften folgen, zumindest wenn es nach Schalkes Weltmeister von 2014 Benjamin Höwedes geht: „Es müssen immer Leute auf dem Platz stehen, die ihr allerletztes Hemd für den Verein geben. Und das macht Ralf mit jeder Phase seines Körpers. Er weiß, was es bedeutet, für Schalke zu spielen. Er hat diese Identität auf viele andere Spieler weitertransportiert.“ Kein Zweifel, Ralf Fährmann lebt Schalke 04 durch und durch. Trotz auch schwierigen Zeiten auf Schalke hat er seine Liebe zum Verein nie verloren. Ob sein Voranschreiten und sein Herz für den Verein ausreichen werden, den Klub in der Bundesliga zu halten, wird sich zeigen. Grundlagen für Erfolg sind aber allemal die richtige Einstellung im Wettkampf und Selbstvertrauen. Diese elementaren Eigenschaften kann Ralf Fährmann auf jeden Fall auf sein Team übertragen.

Blickpunkt 1. BundesligaRalf FährmannSchalke 04

Artur Stopper

Artur Stopper

Mit über 25 Jahren Erfahrung als Torwarttrainer weiß Artur, wie Torhüter ticken. Deshalb bevorzugt er Themen, die die Welt der Torhüter ausmachen: Vereinswechsel, Tiefschläge, Pechsträhnen, Höhenflüge, Emotionen, Ersatzbank, Halbgötter, Erfolge.

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