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Das Torwartspiel hat sich in den vergangenen Jahren grundlegend geändert. Neben dem Kernbereich der Torverteidigung kamen für Torhüter viele zusätzlichen Aufgaben hinzu. Er muss Rückpässe verarbeiten können, eine zielgenaue Spieleröffnung beherrschen und im Spielaufbau oft als elfter Feldspieler agieren. Diese Erweiterung seiner Aufgaben hat bewirkt, dass ein Torhüter heutzutage deutlich mehr laufen muss als in früheren Zeiten. Doch wie lang ist eigentlich die Laufstrecke, die Bundesliga-Keeper im Durchschnitt während eines Spieles abspulen? Wie groß sind die Unterschiede unter den Bundesliga-Torhütern und welche Torhüter in der Bundesliga absolvieren besonders lange Laufwege? Wir können euch Antworten auf diese Fragen geben. Dazu haben wir die 17 Spiele der Hinrunde der aktuellen Bundesligasaison 2021/22 analysiert.

Welche Bundesligatorhüter liefen in der Hinrunde am meisten pro Spiel?

Weite Laufwege gehören inzwischen zum festen Bestandteil des Torwartspiels, denn Laufleistungen von über 6 km sind heutzutage keine Seltenheit mehr, wie ein Blick auf die Zahlen beweist. Die längsten Laufstrecken in der Hinrunde der laufenden Saison brachte FC Augsburg-Schlussmann Rafal Gikiewicz am 13. Spieltag und am 14. Spieltag hinter sich. Im Spiel gegen Hertha BSC lief er 6,71 km, gegen den VfL Bochum 6,61 km. Ihm am nächsten kam Manuel Neuer (Bayern München), der am 7. Spieltag bei der 1:2-Heimniederlage gegen Eintracht Frankfurt 6,64 km unterwegs war. Auf den weiteren Plätzen folgen Andreas Luthe (Union Berlin) mit 6,50, Sascha Burchert mit 6,47, Timo Horn mit 6,46 km, wiederum Luthe mit 6,44 km, Riemann (VfL Bochum) und Sascha Burchert (SpVgg Fürth) mit je 6,36 sowie Koen Casteels (VfL Wolfsburg) mit 6,35 km.

Insgesamt 41-mal wurde in den 306 Spielanalysen der Hinrunde der Wert von 6,00 km pro Spiel überschritten. 31-mal stand eine Vier vor dem Komma, in allen anderen 234 Spielen legten die Keeper eine Laufstrecke zwischen 5 und 6 km zurück.

Doch was war eigentlich die geringste Laufstrecke, die ein Torhüter im bisherigen Saisonverlauf zurücklegte? Es war am 9. Spieltag, als BVB-Schlussmann Gregor Kobel beim 1:3-Auswärtssieg in Bielefeld gerade mal 3,15 km erreichte. Es sollte aber das einzige Spiel in der Hinrunde sein, in dem ein Torhüter unter einer Laufleistung von 4 km blieb. Diese geringe Laufstrecke ist aber auch für Kobel ungewöhnlich, denn in allen anderen Spielen lag er nie unter 5 km.

Wer lief im Durchschnitt der Hinrunde am weitesten?

Der Top-Läufer unter den Bundesligaspielen ist eindeutig Andreas Luthe, der Torhüter von Union Berlin. In nur zwei Partien (5,96 km, 5,88 km) lag der Union-Keeper knapp unter der Laufdistanz von 6 km, nämlich am 8. Spieltag gegen den VfL Wolfsburg (5,96 km) und am 11. Spieltag in Köln (5,88 km) beim 2:2. In allen anderen 15 Partien hingegen lag er darüber. Kein anderer Schlussmann erreicht in dieser Häufigkeit ähnlich hohe Laufwerte. Andreas Luthe legt durchschnittlich 6,19 km pro Spiel zurück. Dem gegenüber steht eine andere Zahl. Immerhin neun und damit die Hälfte aller Torhüter lief in allen ihrer 17 Partien nie über 6 km.

Wie die Grafik zeigt, liegt nur noch Fürths Schlussmann Sascha Burchert mit einer durchschnittlichen Laufleistung von 6,11 km pro Spiel über einem Durchschnittswert von mehr als 6 km. Da in der Statistik nur Torhüter berücksichtigt sind, die mehr als die Hälfte der Spiele in der Hinrunde absolviert haben, bleibt Stuttgarts Ersatztorhüter Fabian Bredlow in der Grafik unberücksichtigt. Aber in den vier Partien, die er für die Schwaben in dieser Saison bisher absolviert hat, lag nur er neben Luthe und Burchert mit 6,16 km in den vier Spielen als weiterer Keeper über dem Wert von über 6 km. Neben den beiden Genannten waren auch Rafal Gikiewicz (5,93 km) sowie Koen Casteels und Timo Horn mit jeweils 5,91 km gut zu Fuß. Die restlichen Torhüter fallen in ihren Laufleistungen gegenüber den Angesprochenen etwas ab, die meisten Bundesliga-Keeper laufen im Durchschnitt zwischen 5,0 und 5,7 km pro Spiel.

Wieso gibt es diese Unterschiede?

Dass sich die Laufleistungen manchmal deutlicher unterscheiden, hängt häufig vor allem mit dem Spielsystem zusammen, das der Cheftrainer bevorzugt. Zwangsläufig wird ein Torhüter wie Peter Gulasci sich weniger als Anspielstation anbieten müssen, weil sein Team darauf ausgelegt ist, den Ball möglichst schnell in der gegnerischen Hälfte zu erobern und dann den zügigen Torabschluss zu suchen. Dieses Angriffspressing hat zur Folge, dass sich der Ball seltener in der eigenen Spielhälfte befindet und dadurch der Torhüter weniger als Anspielstation eingebunden ist.

Noch ein zweiter Aspekt fällt ins Auge: Abgesehen von Andreas Luthe von Union Berlin gehören alle Torhüter mit besonders hohen Laufwerten Mannschaften an, die in der Tabelle eher hintere Tabellenplätze belegen. D.h. die Laufleistung wird entscheidend davon beeinflusst, ob die eigene Mannschaft überlegen spielt oder eher in die Defensive gedrängt ist. Wie der Vergleich unter den Keepern zeigt, lässt sich diese Erkenntnis aber nicht verallgemeinern.

Wie beurteilt Union-Torwarttrainer Michael Gspurning die Laufwerte von Andreas Luthe?

Auch für Union-Torwarttrainer Michael Gspurning fließen unterschiedliche taktische Systeme in die Laufwerte mit ein. Aber für ihn sagen diese Zahlen vor allem etwas darüber aus, ob und wie stark ein Torhüter sein Positionsspiel laufend an die Mannschaft anpasst. Deshalb nimmt er die erfassten Daten als Grundlage und Anlass zu beobachten, ob und wie sich seine Torhüter sowohl mit Ball als auch gegen den Ball der Bewegung der Mannschaft anpassen und den Abstand zur Abwehrkette halten.

Auch könnten diese Zahlen für ihn ein Hinweis darauf sein, ob und wie sich ein Torhüter bei Rückpässen anbietet. Statistische Zahlen sind für ihn also nur eine Orientierung, nicht mehr. „Wenn sich ein Torhüter so clever verhält, dass er immer connected ist mit der Viererkette und sich bei Rückpässen gut anbietet, dann kann er auch gerne nur 4,9 km laufen. Dann sehe ich diesen Wert nur als Zahl.“ Eines zeigt aber der hohe Laufwert von Andreas Luthe auf jeden Fall: Die Anpassung an das Verhalten der Mannschaft scheint bei Union Berlin besonders gut gelungen und ausgebildet zu sein.

Für Gspurning ist es außerdem eine Frage des Typs, ob ein Torhüter viel oder weniger läuft. Es gebe Torhüter, die von ihrem Naturell laufbereiter sind oder - wie speziell im Fall Luthe - nach dem Pass gerne noch einige Meter mitgehen, während andere Torhüter stehen bleiben. Dieses vorrückende Verhalten ist für ihn aber nicht zwangsläufig ein Qualitätsmerkmal, denn „der andere Stil kann genauso effizient sein.“

In einem ist sich Michael Gspurning aber sicher: Hohe Laufwerte sind vor allem ein Zeichen dafür, dass der Torhüter ständig online ist und konzentriert im Spiel bleibt. Fakt ist auch, dass die Laufwerte der verschiedenen Bundesliga-Keeper ein Hinweis auf ihr Spielverhalten sein können, aber nichts über die Qualität der Torhüter aussagen.

Analyse 1. Bundesliga

Artur Stopper

Artur Stopper

Mit über 25 Jahren Erfahrung als Torwarttrainer weiß Artur, wie Torhüter ticken. Deshalb bevorzugt er Themen, die die Welt der Torhüter ausmachen: Vereinswechsel, Tiefschläge, Pechsträhnen, Höhenflüge, Emotionen, Ersatzbank, Halbgötter, Erfolge.

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