Zwei Jahre lang war Mark Flekken die unumstrittene Nummer eins zwischen den Pfosten des SC Freiburg. Seine starken Leistungen haben ihn in dieser Zeit zum niederländischen Nationaltorhüter reifen lassen und das Interesse ausländischer Vereine geweckt. Nun hat er sich zu einem Wechsel in die englische Premier League entschieden. Ab der kommenden Spielzeit wird er das Tor des FC Brentford hüten. Der Sport-Club, der Flekken im Sommer 2018 für 2 Millionen Euro vom MSV Duisburg geholt hatte, erhielt die stolze Summe von 13 Mio. Euro für den 29-Jährigen, die sechshöchste Ablöse der Klubgeschichte. Eigentlich genug Geld, um einen Torhüter mit ähnlichem Format ins sonnenverwöhnte Breisgau zu locken. Aber Freiburg wäre nicht Freiburg, wenn der Klub nicht wieder einmal seinen eigenen Weg gehen würde. Denn in Südbaden wird die Entwicklung eigener Talente großgeschrieben, und das mit durchschlagendem Erfolg, wie Deutschland inzwischen weiß. Ein weiteres Beispiel für dieses Erfolgsmodell könnte zukünftig Noah Atubolu, der Torhüter ihres Nachwuchsteams, das in der dritten Liga spielt, werden. Denn mit dem 21-Jährigen haben die Freiburger das wohl größte Torhüter-Versprechen in Deutschland in ihren Reihen.
Noah Atubolu – das Zukunftsmodell?
Mit dem Abgang von Mark Flekken könnte die Stunde des 1,90 m großen Kraftpakets schlagen, der trotz seiner gerade einmal 21 Jahren beim SC Freiburg als wahrscheinlichster Nachfolger gilt. Atubolu ist Freiburger durch und durch. Der 21-jährige Schlussmann mit nigerianischen Wurzeln stammt aus Freiburg im Breisgau. Seit dem 15. Lebensjahr durchlief er die verschiedenen Jugendmannschaften der Breisgauer und war ab 2019 sogar Kapitän der U19-Junioren. Im Sommer 2020 rückte er dann in die zweite Mannschaft des Vereins in der Regionalliga Südwest auf und konnte sich dort als Stammtorhüter durchsetzen. Nicht zuletzt aufgrund seiner Leistungen erreichte er mit der Mannschaft am Saisonende den Aufstieg in die Dritte Liga. Eine optimale Plattform für ihn, weil er sich von nun an im Profifußball profilieren konnte. Zugleich gehört er seit Sommer 2021 der Bundesliga-Mannschaft der Breisgauer als dritter Torhüter an. So konnte er optimal die Förderung im Profiteam mit Spielerfahrung in der dritten Liga kombinieren.

Auch beim DFB waren die Verantwortlichen auf den talentierten SCF-Keeper aufmerksam geworden, denn ab 2018 durchlief Atubolu sämtliche Junioren-Nationalmannschaften des DFB von der U17 bis zur U21. 2020 bemühte sich der nigerianische Fußballverband um einen Verbandswechsel Atubolus, was er jedoch zugunsten des DFB ablehnte. Ende 2021 wurde er mit 19 Jahren erstmals für die U21-Nationalmannschaft nominiert und debütierte dort im März 2022 beim EM-Qualifikationsspiel gegen Lettland. Aktuell gehört er neben Christian Früchtl (Austria Wien) und Nico Mantl (RB Salzburg) wieder zum Kader des DFB für die in Kürze beginnende U 21-Europameisterschaft in Rumänien und Georgien (21. Juni bis 8. Juli 2023) mit guten Chancen, als die Nummer eins ins Turnier zu gehen.
Was ist Noah Atubolu zuzutrauen?
Ob Cheftrainer Christian Streich, Sportdirektor Klemens Hartenbach oder Sportvorstand Jochen Saier, alle trauen sie dem U21-Nationaltorhüter die Nachfolge als Stammtorhüter zu. Das Potenzial dafür ist bei ihm unstrittig vorhanden, auch wenn er bislang nur in der 3. Liga mit Freiburg II von sich reden machte. Bei zwei Einsätzen im DFB-Pokal sowie einem weiteren in der Europa League hat Atubolu bereits erste Profierfahrung gesammelt. Die Stärken des 21-Jährigen liegen vor allem im Positionsspiel und im Eins-gegen-eins. Auch mit dem Ball am Fuß weiß er bereits zu überzeugen. Verbesserungspotenzial sieht er selbst vor allem bei seinem linken Fuß.
Starke Leistungen in der 3. Liga
Zweifellos hatte er als Stammkeeper im Nachwuchsteam des Sportklubs großen Anteil an der verblüffenden Erfolgssaison, als er mit seinem Team am Saisonende den zweiten Platz belegte und am letzten Spieltag sogar noch Chancen auf die Meisterschaft hatte. Wäre es den Zweitvertretungen von Bundesliga-Teams erlaubt aufzusteigen, wären die Freiburger kommende Saison ein Zweitligist. Atobolus eigene Bilanz ist beeindruckend. In 25 Spielen blieb er in der abgelaufenen Saison 12-mal ohne Gegentor und musste nur 23 Gegentore hinnehmen. Nicht nur das: Das Team von Trainer Thomas Stamm stellt mit nur 34 Gegentreffern die beste Abwehr der Liga, unter anderem weil mit Atubolu einer der besten Torhüter der Klasse zwischen den Pfosten steht. Der Kicker bewertet die Saisonleistung des SCF-Schlussmanns mit der Durchschnittsnote 2,76. Nur Marcel Lotka (Borussia Dortmund II, 2,62) und Daniel Batz (1. FC Saarbrücken, 2,57) werden noch besser bewertet.

Dass Atubolu in der laufenden Saison "nur" auf 25 Drittliga-Spiele kommt, ist weder Verletzungen noch schlechten Leistungen geschuldet. Coach Streich hat ihn in dieser Zeit als Backup in der Bundesliga gebraucht. Achtmal war er im Kader der Profi-Mannschaft. In der Europa League stand er bei jedem Freiburger Spiel auf dem Spielberichtsbogen. Im letzten Gruppenspiel gegen Qarabag FK gab Streich Atubolu die Chance, sich auf Top-Niveau zu beweisen, ebenso in der zweiten Runde und im Achtelfinale des DFB-Pokals.
Die Qualitäten und das Potenzial für seine neue Aufgabe als Stammtorhüter in der Bundesliga bringt er ohne Zweifel mit. Da das Vertrauen und der Welpenschutz in Freiburg traditionell etwas höher liegt als bei vielen Ligakonkurrenten, kann Atubolu die Chance nutzen, möglicherweise zu der aktuell größten deutschen Torwarthoffnung aufzusteigen, die ihm nicht wenige Experten zutrauen. Der Ehrgeiz dazu ist beim Keeper vorhanden: "Es macht mich stolz, dass mein Weg beim Sport-Club bisher von der U14 bis in den Profikader geführt hat und ich werde hart dafür arbeiten, dass meine Entwicklung hier weitergeht." Durch seine zielstrebige Art hat er zweifellos bisher eine tolle Entwicklung hinter sich und sich durch konstant starke Leistungen in der U23 den Schritt zum Bundesliga-Keeper verdient.
Womöglich wird er in Zukunft sogar mehr als „nur“ der neue Stammtorhüter des SC Freiburg sein. Viele beklagen seit Jahren, dass hinter der Generation Neuer, ter Stegen, Trapp oder Leno ein großes Loch klaffe und kein möglicher Nachfolger in Sicht sei, der eine ähnliche Qualität mitbringt, wenn sich diese Torhüter einmal von der großen Fußballbühne verabschieden. Während die Torhüter dieser "Ausnahme-Generation" bereits im Alter von 20 Jahren zu Stammtorhütern in ihren Vereinen wurden, bleibt diese Chance den meisten deutschen Torwart-Talenten momentan verwehrt. Vielleicht könnte sich Noah Atubolu durch frühzeitige Spielpraxis auf hohem Niveau wieder zu einem Ausnahmetorhüter entwickeln, zumal sich der Sportclub auch in der kommenden Saison wieder in der Europa League auf internationalem Parkett bewegt.