Das Rätselraten um die sportliche Zukunft von Alexander Nübel hat ein Ende. Der 27 Jahre alte Schlussmann hat seinen Vertrag beim FC Bayern langfristig bis 2029 verlängert, wird aber zwei weitere Jahre an den VfB Stuttgart ausgeliehen und erst anschließend nach München zurückkehren. Diese Konstellation ist gut für alle Beteiligten. Denn diese Vertragsverlängerung eröffnet Nübel die Perspektive, Manuel Neuer als Nummer eins im Tor der Bayern zu beerben. Andererseits bietet ihm der Verbleib in Stuttgart die Chance, weiterhin auf hohem Niveau Spielpraxis zu sammeln, möglicherweise zukünftig sogar in der Champions League.
Seit seiner Ausleihe zum VfB Stuttgart hat Alexander Nübel, der einst als größter deutscher Torwartjuwel galt, wieder auf die Erfolgsspur zurückgefunden. Denn seine Stationen zuvor glichen eher einem Irrweg. Nachdem er 2020 ablösefrei von Schalke 04 - mit einem Fünfjahresvertrag ausgestattet - zum FC Bayern gewechselt war, war die Ersatzbank sein stetiger Aufenthaltsort. Schon damals wurde der Sinn von Nübels Wechsels an die Isar von nicht wenigen Experten als sportlich umstritten in Frage gestellt. Denn Nübel hatte erst 46 Bundesliga-Einsätze für Schalke vorzuweisen. Viele Experten fragten sich schon damals, ob ein Verbleib Nübels für ein weiteres Jahr auf Schalke und damit weitere Spielpraxis nicht die sportlich sinnvollere Lösung für ihn gewesen wäre. Offenbar soll es nach Andeutungen von Nübels Berater Stefan Back aber eine Absprache über zugesagte Einsätze zwischen seinem Klienten und Bayern München gegeben haben. „Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ich mich zu Vertragsinhalten nicht äußern werde. Aber es dürfte jedem klar sein, dass Bayern München auch dazu ein schlüssiges Konzept vorgelegt hat, sonst hätte Alex nicht zugesagt", sagte Backs damals gegenüber dem Sport-Informations-Dienst (SID). Angesichts von Neuers Ehrgeiz hatten viele Beobachter der Bayern-Szene bereits damals Bedenken, ob eine mögliche Absprache ohne Manuel Neuer überhaupt durchführbar gewesen wäre.
Erste Leihstation AS Monaco
Zur Saison 2021/22 wechselte Nübel für zwei Jahre auf Leihbasis zum französischen Erstligisten AS Monaco, der vom ehemaligen Bayern-Trainer Niko Kovač trainiert wurde. Auch wenn sich Nübel zunächst bei den Monogassen als Stammtorhüter durchsetzen konnte, gänzlich unumstritten blieb er nie. Interessant wurde er für die Bayern wieder, als sich Manuel Neuer in der Winterpause im Anschluss an die Weltmeisterschaft 2022 bei einer privaten Skitour das Schien- und Wadenbein brach und für den Rest der Saison ausfiel. Denn zu diesem Zeitpunkt verfügte nur Sven Ulreich über genügend Erfahrung, um Neuer längerfristig ersetzen zu können. Doch Nübel erteilte den Bayern eine Absage. Nicht noch einmal wollte er ohne eine klare Perspektive zur FC Bayern zurückkehren und schloss deshalb eine Konstellation gemeinsam mit Neuer aus. Ein gebranntes Kind scheut bekanntlich das Feuer. Zudem galt das Verhältnis zwischen Nübel und Bayerns Torwarttrainer Toni Tapalović, der als Intimus und Vertrauter Neuers galt, als zerrüttet.
Trotzdem blieb Nübel nach Ablauf seines Leihvertrages nicht anderes übrig, als zur Vorbereitung auf die Saison 2023/24 kurzzeitig zum FC Bayern zurückzukehren, bevor er sich Ende Juli 2023 für ein weiteres Jahr auf ein Leihgeschäft einließ, dieses Mal beim Ligakonkurrenten VfB Stuttgart.
Volltreffer VfB Stuttgart
Er sollte diesen Schritt nicht bereuen, denn seine Verpflichtung stellte sich im Nachhinein als Volltreffer und als eine für beide Seiten optimale Entscheidung heraus. Beim VfB Stuttgart ist mit der Verpflichtung Nübels auf der Torhüterposition die in der vergangenen Saison vermisste Ruhe eingekehrt. Unter anderem mit seiner Verpflichtung hat sich beim VfB Stuttgart in dieser Saison eine außergewöhnliche Erfolgsgeschichte der Schwaben entwickelt, bei der Alexander Nübel keine unbedeutende Rolle spielt. Vielmehr ist er zu einem der Erfolgsgaranten dieses überaus erfolgreichen Aufschwungs der Schwaben geworden. Der gebürtige Paderborner selbst erfährt endlich die sportliche Anerkennung, die er so lange wenig gespürt hatte. Die Fans lieben und schätzen ihn. Als er im Heimspiel gegen den FC Heidenheim mit einem groben Patzer und Eigentor die Wende für einen schon sicher geglaubten Sieg einleitete, waren nicht die sonst üblichen Pfiffe und Beleidigungen auf Stuttgarts Rängen zu hören, sondern stattdessen „Nübel,Nübel“ Anfeuerungsrufe. Allein diese Szene verdeutlicht, welches Standing und welche Anerkennung sich Nübel in dieser Saison in Stuttgart erarbeitet hat.
Nun darf Nübel für weitere zwei Jahre seine Klasse in Stuttgart zeigen, sofern Neuer nicht schon am Ende der kommenden Saison sein Karriereende, möglicherweise auch aus gesundheitlichen Gründen, einleiten würde. Für diesen Fall besitzt der FC Bayern eine Option, Nübel auch vor Ablauf der Leihe zurückzuholen.
Insofern profitieren alle von dieser Regelung. Der deutsche Rekordmeister kann Manuel Neuer selbst über sein Karriereende bestimmen lassen und hat bereits den perfekten Nachfolger im Gepäck. Nübel selbst kann ohne Druck und großer Sympathie der VfB-Anhängerschaft seinen Champions-League-Traum mit dem VfB Stuttgart leben und durch Spielpraxis auf höchstem Niveau weiter zu einem Top-Torhüter reifen. Und nicht zuletzt kann der VfB Stuttgart für weitere zwei Jahre auf einen Klasse-Keeper bauen. „In dieser Konstellation gibt es nur Gewinner," kommentierte Noch-Bayern-Trainer Thomas Tuchel die Entscheidung. Dem ist nichts mehr hinzuzufügen!