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Ein Torwartteam des DFB hat die letzte WM 2018 in Russland dazu genutzt, speziell das Torwartspiel unter die Lupe zu nehmen. Unter anderem wollten sie erfassen, wie oft Torhüter an Gegentoren beteiligt sind. Das Ergebnis: 53 Prozent der Treffer waren unhaltbar! Im Umkehrschluss bedeutet diese Zahl aber auch, dass bei fast der Hälfte der Gegentore die Torhüter beteiligt waren. 14 Prozent der Treffer wurden als haltbar eingestuft, d.h. sie resultierten aus einem Torwartfehler. In 33 Prozent der Gegentore war der Torwart mit beteiligt, er hätte sich also durch ein besseres Stellungsspiel oder eine angepasste Distanz zu Ball und Gegner einen Vorteil zur möglichen Torverhinderung verschaffen können.

Wenn fast die Hälfte der Tore vermeidbar gewesen wäre, zeigt dies, dass im Torhüterspiel noch ein deutliches Verbesserungspotenzial liegt. Die Untersuchungen belegten, dass die Fehlerursachen sowohl bei der Zielverteidigung als auch vor allem in der Raumverteidigung zum überwiegenden Teil im taktischen Bereich zu suchen waren. Nur zu einem kleinen Teil waren technische Fehler der Grund für ein Gegentor. Der Grund dafür dürfte in der Tatsache liegen, dass Torhüter im vergangenen Jahrzehnt durch frühzeitige spezielles Torwarttraining überwiegend technisch besser ausgebildet wurden als ihre Vorgänger. Die hohe Fehlerzahl im taktischen Bereich zeigt aber auch, dass viele Torhüter noch wenig darin ausgebildet sind, richtige Entscheidungen zu treffen, besonders in Abhängigkeit vom Verhalten der gegnerischen Spieler und der eigenen Mitspieler.

Oftmals noch Training nach alten Methoden

Wenn früher oft ehemalige Torhüter nach ihrer Karriere das Training der Torhüter übernahmen, führten diese ehemaligen Torhüter oft im Training das fort, was sie selbst an Inhalten oder Trainingsmethoden in ihrer aktiven Zeit erlebt hatten. Was sich auf diesem Weg lange Jahre bewährt hatte, scheint nun am Ende. Zu stark hat sich das Anforderungsprofil eines Torhüters verändert, als dass die herkömmlichen Methoden noch ausreichten, einen heutigen Torhüter nach den Anforderungen des heutigen Spiels auszubilden.

Warum passen herkömmliche Trainingsmethoden nicht mehr?

Seit der Einführung der Rückpassregel ist ein Torhüter gezwungen, fußballerische Fähigkeiten zu besitzen. Es genügt heutzutage nicht mehr, einen Rückpass ins Seitenaus zu klären, wie das selbst beim damaligen Welttorhüter Oliver Kahn gang und gäbe war, sondern der Torhüter muss das Spiel mit dem Ball beherrschen, denn diese Technik nimmt im heutigen Torwartspiel einen großen Raum ein. In Zeiten von Ballbesitzfußball wird der Torhüter zum weiteren Mitspieler, um durch ein Überzahlverhältnis die Ballkontrolle zu behalten.

Auch moderne Spielsysteme bedingen eine veränderte Ausbildung der Torhüter. In Zeiten von Vierer- oder Dreierkette hat der Torhüter die frühere Rolle des Liberos übernommen. Er muss nicht mehr nur seinen Strafraum beherrschen, sondern ist auch für den Raum zwischen ihm und der Abwehrkette zuständig, besonders wenn die Abwehrkette hoch steht. Er muss ein Auge und Gefühl dafür entwickeln, wann er einen Ball ablaufen kann oder welches die beste Position ist, um dieser neuen Aufgabe gerecht zu werden. Mit herkömmlichen Trainingsmethoden wird er dieses Wissen nicht erlernen.

Noch ein anderer Grund führte zu neuen Anforderungen an den Torhüter. Er ist in modernen Spielsystemen nicht nur der letzte Verteidiger, sondern zugleich auch der erste Angreifer. Er entscheidet nach Ballgewinn mit dem ersten Pass, ob das Spiel schnell oder in langsamem Spieltempo, über außen oder durchs Zentrum fortgeführt werden soll. Beherrscht er den Umgang mit dem Fuß, kann er zudem mit einem gelungenen Handabschlag oder einem gezielten Pass auf einen seiner Stürmer schnelle und überraschende Angriffe seiner Mannschaft einleiten. Die Schulung und Verbesserung dieser Fähigkeiten müssen deshalb einen festen Platz im modernen Torwarttraining einnehmen.

Eine weitere Veränderung bedingt ein anderes Torwarttraining: Während der Torhüter früher meist allein für die Torverteidigung zuständig war und eher wie ein Einzelkämpfer fungierte, wurde seine Rolle und Bedeutung für die Mannschaft in vergangenen Jahrzehnt erkannt und ausgebaut. Eines hat der Torwart nämlich allen Spielern voraus: Er ist der einzige Spieler, der permanent alle Feldspieler vor sich und daher den besten Überblick über das Spielfeld hat. Diese Sonderstellung prädestiniert ihn geradezu dafür, seine Mitspieler zu coachen, indem er sie lautstark auf Laufwege gegnerischer Stürmer oder Schwachstellen im Abwehrverbund hinweist und damit die Abwehrarbeit entscheidend mitorganisiert. Diese Anforderungen verlangen einen veränderten Torwarttyp. Richtiges Coaching kann im herkömmlichen Torwarttraining aber nicht bedingt geschult werden.

Die Lösung: Training mit Feldspielern

Die Fehlerursache von Torhütern bei der WM 2018 bei der Zielverteidigung zeigte ein klares Ergebnis: Aus taktischen Fehlern fielen 78% aller Gegentore, aus technischen Fehlern 22% aller Gegentore. In anderen Worten ausgedrückt: Die meisten Gegentore fallen im Spitzenbereich nicht mehr nach technischen Fehlern (Fangfehler, falsche Bewegungsabläufe usw.), sondern durch falsche Positionierung oder falsche Entscheidungen. Diese Tatsache zeigt, dass Torhüter auf die Anforderungen des modernen Torwartspiels anders vorbereitet werden müssen. Die Erkenntnis daraus kann nur heißen: Dazu braucht es andere Trainingsformen! Weil viele dieser neuen Anforderungen nur spielnah trainiert werden können, liegt es auf der Hand, Torwarttraining verstärkt in Spielformen in Verbindung mit Feldspielern zu trainieren. Nur so lassen sich die Anforderungen des Spiels realistisch abbilden. Natürlich ändert sich dadurch auch die Rolle des Torwarttrainers. Statt seiner früheren Tätigkeit als Ballmaschine ist er nun eher als Coach gefordert, der – z. B. hinter dem Tor stehend – die Aktionen seines Schützlings bewertet und mit ihm bespricht.

Fazit:

Das herkömmliche Torwarttraining wird den Anforderungen des modernen Torwartspiels nicht mehr gerecht. Um Torhüter heutzutage auf ihre Aufgaben im Spiel vorzubereiten, genügt es nicht mehr, wie früher üblich hauptsächlich die Zielverteidigung zu trainieren. Vielmehr müssen Aspekte wie die Spieleröffnung, das Gefühl für die richtige Entscheidung und Positionierung des Torhüters sowie das sichere Passen, auch unter Zeit- und Raumdruck, ein fester Bestandteil jedes modernen Torwarttrainings sein. Dazu bedarf es neuer Trainingsformen. Denn eine Verbesserung des Zusammenspiels zwischen Torhüter und Feldspieler kann Gegentreffer noch deutlich reduzieren.

Torwartspiel

Artur Stopper

Artur Stopper

Mit über 25 Jahren Erfahrung als Torwarttrainer weiß Artur, wie Torhüter ticken. Deshalb bevorzugt er Themen, die die Welt der Torhüter ausmachen: Vereinswechsel, Tiefschläge, Pechsträhnen, Höhenflüge, Emotionen, Ersatzbank, Halbgötter, Erfolge.

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