Im letzten Teil seines Vortrages beim alljährlich im Oktober in Bregenz stattfindenden Torwarttrainer-Seminar von "safehands – the art of goalkeeping“ ging Goriupp darauf ein, welche Eigenschaften ein Torhüter entwickeln oder mitbringen muss, dass aus ihm ein mentalstarker Wettkämpfer wird. Betrachtet man noch einmal die ganzheitliche Grafik des ÖFB, geht es beim Thema Mentalität um den Geist und die Psyche des Keepers, zu der neben mentalen auch soziale Kompetenzen gehören. Bewusst ausgenommen bleiben in dieser Betrachtungsweise also andere Leistungskomponenten wie Technik, Taktik und Athletik.
Auch in Roland Goriupps Verständnis ist eine gute Torwarttechnik die Basis für eine gute Torwartaktion. Deshalb habe ein Technik-Leitbild absolut seine Berechtigung. Aber es gehe nicht nur um Technik. An der spektakulären Abwehraktion des früheren kolumbianischen Nationaltorhüters Rene Higuita, dem sogenannten Skorpion Kick, machte er deutlich, dass ein Abwehrtechnik nicht immer dem allgemeinen Leitbild entsprechen müsse, sondern dass es im Torwartspiel vor allem um Funktionalität gehe, um Effektivität, um das Tore verhindern, unabhängig von der Technik. Auch diese These untermauerte Goriupp mit verschiedenen Spielszenen, in denen der Torhüter auf ungewöhnliche Weise ein Tor verhinderte und auf keinen Bewegungsablauf eines Technik-Lehrbuches zurückgriff. In all diesen Aktionen stand bei der Torverteidigung nicht die saubere technische Ausführung im Vordergrund, sondern die Mentalität, die nach Goriupps Meinung ein Torhüter mitbringe oder auch nicht.

Die Verantwortlichen beim ÖFB sind aber davon überzeugt, dass es, um erfolgreich zu sein, wieder mehr mentalstarke Wettkämpfer brauche und nicht nur „Trainings- und Technikweltmeister.“ Doch was sind eigentlich die mentalen Fähigkeiten eines erfolgreichen Wettkämpfers?
Mentale Fähigkeiten für Wettkämpfer
Roland Goriupp stellte in seinem Vortrag 14 mentale Fähigkeiten vor, die nach seiner Meinung einen mentalstarken Wettkämpfer ausmachen.
- Torwart-Gen: Die Basis eines guten Torhüters ist für Goriupp das Torwart-Gen, das ein guter Keeper in sich haben muss. Gemeint ist sein unabdingbare Wille, um jeden Preis Tore zu verhindern.
- Siegermentalität: Daneben braucht der Torhüter eine Siegermentalität, nämlich Spiele unbedingt gewinnen oder Situationen für sich entscheiden zu wollen, egal ob es sich um ein Meisterschafts-, Freundschafts-, Trainingsspiel oder nur eine Übung im Training handelt.
- Selbstbewusstsein: Selbstbewusstsein entsteht durch das Wissen um die eigenen Stärken und Schwächen.
- Selbstvertrauen: Der Torhüter muss Vertrauen haben in die eigenen Stärken.
- Lernkompetenz: Ein Torhüter wird stärker werden, wenn es die Bereitschaft mitbringt, aus vergangenen Erfahrungen zu lernen und die richtigen Schlüsse für zukünftige Aktionen ziehen zu können.
- Spielintelligenz: Er braucht Spielintelligenz, um das Spiel lesen zu können, und muss die Regeln verstehen und so auslegen, dass er erfolgreich sein kann.
- Lösungsbegabung: Er muss Herausforderungen im Spiel annehmen und entsprechende Lösungen dafür kreieren können.
- Wettkampfstärke: Er muss seine Stärken speziell im Wettkampf abrufen können.
- Entscheidungen treffen: Er muss schnell Entscheidungen treffen können.
- Immer bereit sein: Der Torhüter muss seine Position immer wieder anpassen. Dazu muss er das Spielgeschehen aufmerksam und frühzeitig scannen, um auf alles gefasst zu sein. Er darf nicht abzuschalten, sondern muss sich am Ball orientieren die Spielentwicklung erkennen.
- Resetfähigkeit: Gemeint ist die Fähigkeit, auch nach Fehlern oder Misserfolgen sofort wieder die eigentliche Leistungsfähigkeit herstellen zu können.
- Körpersprache: Mit Präsenz ist die Ausstrahlungskraft gemeint, die ein Keeper ausstrahlt. Durch diese Körpersprache vermittelt er seinem Team Sicherheit. Diese kann er nur aussenden, wenn innerlich so denkt. Denn die innere Haltung drückt sich durch die äußere Haltung aus.
- Umgang mit Fehlern und Niederlagen: Der Keeper darf sich aber auch nicht von Angst blockieren lassen. Er muss Fehler akzeptieren lernen und darf sich nicht entmutigen zu lassen, sondern die Bereitschaft entwickeln, aus seinen Fehlern lernen, um es das nächste Mal besser zu machen.
- Stressresistenz: Stressresistenz bedeutet psychische Widerstandfähigkeit gegen Stress und Belastungen. Ein Torhüter muss auch unter erschwerten Rahmenbedingungen performen und Stresssymptome wie Herzklopfen und Nervosität ausschalten können.
Zum Schluss stand die Frage im Raum, wie man die angesprochenen mentalen Fähigkeiten trainieren kann. Goriupps Antwort: Nur durch Wettkampftraining! Wie das gehen soll, veranschaulichte Roland Goriupp im unmittelbar daran anschließenden Praxisteil. Goalguard wird in einem weiteren Artikel auch darauf eingehen.