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Seit der Saison 2023/24 arbeitet Nico Hildebrandt als Torwarttrainer bei den Profis des Zweitligisten Greuther Fürth. Begonnen hat Nico seine Torwarttrainer-Laufbahn bei Hertha BSC, wo er drei Jahre lang im Nachwuchsbereich tätig war. Im Sommer 2016 wechselte er in die Nachwuchsakademie von RB Leipzig und war zuletzt für die U19-Torhüter der Bullen zuständig. Goalguard hatte die Möglichkeit, sich mit dem 34-Jährigen über seine Tätigkeit beim fränkischen Zweitligisten, über die Ausbildung von jungen Torhütern und über die Spielweise der Franken zu unterhalten.

Artur StopperArtur Stopper Nico, ihr habt in Fürth in den vergangenen Wochen unruhige Zeiten erlebt. Zunächst wurden Cheftrainer Alexander Zorniger und Geschäftsführer Rachid Azzouzi erlassen. Mit Interimstrainer Leo Haas sollte eine Übergangslösung bis zum Winter installiert werden, nach vier Spielen mit nur einem Sieg war sie bereits wieder Makulatur. Nun sollen der neue Geschäftsführer und Ex-Spieler Stephan Fürstner und der neue Trainer Jan Siewert den Verein wieder in die Spur bringen. Der Verein muss nun rasch die Kurve kriegen, denn momentan sind es nur zwei Punkte Vorsprung auf einen Relegationsplatz …

Nico HildebrandtNico Hildebrandt Wir gehen das geschlossen an und jeder versucht, seinen Teil dazu beizutragen, dass wir wieder erfolgreicher sein werden.

Artur StopperArtur Stopper Große Änderungen gab es im Sommer auch auf der Torhüterposition. Alle Keeper der vergangenen Saison (Urbig, Schaffran, Linde, Kaymakci) verließen den Klub. Was waren die Gründe für diesen ungewöhnlich starken Umbruch?

Nico HildebrandtNico Hildebrandt Es war tatsächlich ein großer Schnitt. Uns war schon frühzeitig klar, dass ein Umbruch bevorstehen würde. Die Leihe von Jonas Urbig lief aus, bei Leon Schaffran, der schon lange im Verein war, ging es darum, seinen persönlich nächsten Schritt zu forcieren, Andreas Linde ist in einem Alter, in dem er noch im Tor stehen möchte und in Semirs Fall waren es persönliche Gründe, auf die wir keinen Einfluss hatten. Deshalb haben wir diesen Umbruch bereits im Winter eingeleitet, indem wir Andy Linde abgegeben und dafür Nils Körber als Vorgriff auf den Sommer verpflichtet haben. Am Ende des Tages freue ich mich für jeden der Jungs, dass es sportlich gut weitergegangen ist. Leon hat in Vaduz eine super Herausforderung gefunden, Andreas spielt wieder in seiner schwedischen Heimat, bei Jonas geht es in Köln um den nächsten Schritt. Es war für mich eine spannende Aufgabe, das Torwartteam wieder neu zusammenzustellen

Artur StopperArtur Stopper Besonders der Abgang von U21-Nationaltorhüter Jonas Urbig, der vom Fachblatt „kicker“ am Saisonende zum besten Torhüter der zweiten Liga gewählt wurde und nach einem Jahr Leihe wieder zu seinem Stammverein 1. FC Köln zurückkehrte, ist zweifellos ein großer Verlust. Er gilt als Deutschlands größte Torwart-Hoffnung für die Zukunft und wird bereits jetzt als Kandidat für die Nationalmannschaft gehandelt. Du hast ein Jahr mit ihm zusammengearbeitet. Wie weit ist Urbig schon in seiner Entwicklung, wo kann und muss er sich aus deiner Sicht noch verbessern?

Nico HildebrandtNico Hildebrandt Für mich ist Jonas mental schon unfassbar weit. Er ist extrem klar, ein absoluter Vollprofi, maximal ehrgeizig, hat einen sehr hohen Anspruch an sich selber und ist äußerst diszipliniert. Was er von anderen fordert, fordert er auch von sich selbst. Ich habe mich wahnsinnig für ihn gefreut, dass er bereits in so jungen Jahren eine sehr stabile Saison gespielt hat - ein Alter, in dem Leistungsschwankungen eigentlich normal sind. Die Ausschläge waren bei ihm sehr gering. Er ist ein herausragend guter Fußballer, hat ein sehr gutes Raumgefühl und ein super Gespür für richtige taktische Entscheidungen - gerade auch bei Bällen hinter die Kette. Das hatte ich so zuvor noch nicht gesehen.

Artur StopperArtur Stopper Für die kommende Saison habt ihr mit U20-Nationaltorhüter Nahuel Noll von der TSG Hoffenheim erneut ein großes deutsches Torwarttalent ausgeliehen. „Fürth holt neuen Urbig“, titelte die BILD diese Ausleihe. Ist es das Geschäftsmodell von Greuther Fürth, junge, talentierte Torhüter zu holen und ihnen Spielpraxis auf hohem Niveau zu geben?

Nico HildebrandtNico Hildebrandt Entscheidend ist selbstverständlich, dass daraus eine Win-Win Situation für alle Beteiligten entsteht. Aus unserer Sicht geht es natürlich darum, auch auf dieser Position möglichst viel Qualität auf dem Platz zu haben - in dem Fall sind das Torhüter, die wir als kleinerer Verein in der 2. Bundesliga möglicherweise nicht fest verpflichten könnten. Das Thema „Spielpraxis auf hohem Niveau“ trifft dabei vielleicht eher die Perspektive der ausleihenden Vereine.

Artur StopperArtur Stopper Beide Torhüter kamen bzw. kommen von Bundesligavereinen. Sind mit der Leihgeschäft auch Zusagen oder Garantien für Einsatzzeiten als Nummer eins verbunden?

Nico HildebrandtNico Hildebrandt Eine Garantie haben wir den Jungs oder den Vereinen nie ausgesprochen. Das ist Profifußball, da gibt es keine Geschenke. Insofern gibt es letztlich keine Garantien.

Artur StopperArtur Stopper Junge Torhüter bringen eine Unerfahrenheit mit und müssen sich erst an die hohe Spielklasse gewöhnen. Muss man als Torwarttrainer mit jungen Torhütern anders arbeiten als mit gestandenen Profi-Keepern, und wenn ja, wie?

Nico HildebrandtNico Hildebrandt Definitiv muss man anders arbeiten. Wie ich das bei Jonas bereits dargestellt habe, muss man bei jungen Torhütern versuchen, die Ausschläge in den Spielleistungen möglichst gering zu halten. Ich möchte als Torwarttrainer dafür stehen, dass uns ein sachliches Torwartspiel ausmacht, dass wir natürlich auch in gewisser Weise mutig sind und trotzdem das Spiel auf uns zukommen lassen und gute torwarttaktische Entscheidungen treffen. Junge Torhüter wollen oft zeigen, wie gut sie sind und dass sie auf dem Niveau mithalten können. Wichtig ist deshalb darauf zu achten, dass sie nicht in kürzester Zeit die Welt erobern möchten. Es gilt einen guten Umgang mit Erfolg und Misserfolg zu finden, unseren Prinzipien treu zu bleiben und so möglichst konstant über das ganze Jahr zu spielen. Das ist immer wieder Thema in unserer täglichen Arbeit.

Artur StopperArtur Stopper Nahuel Noll hat im bisherigen Saisonverlauf mit die meisten Ballkontakte pro Spiel in der zweiten Liga. Was sagen diese Zahlen über die Rolle Nolls im Fürther Spielsystem aus?

Nico HildebrandtNico Hildebrandt Nahuel hat einen sehr weiten Schlag, das ist inzwischen kein Geheimnis mehr. Jedem Gegner, der sich auf uns vorbereitet, wird das auffallen. Aufgrund dieser Stärke ist Nahuel sehr häufig in unseren Spielaufbau eingebunden.

Wird sich Nolls Rolle unter dem neuen Trainer Jan Siewert verändern, und wenn ja, wie?

Bei aller Wichtigkeit in Sachen Spielaufbau geht es am Ende immer noch darum, keine oder möglichst wenige Gegentore zu kassieren. Das ist und bleibt immer die Kernaufgabe unserer Position - und das ist auch der Auftrag für die nächsten Wochen.

Artur StopperArtur Stopper Greuther Fürth ist deine erste Profi-Station als Torwart-Trainer. Davor warst du sieben Jahre im Nachwuchsleistungszentrum von RB Leipzig tätig und dort zuletzt für die U-19-Torhüter verantwortlich. Was war für dich in deiner neuen Tätigkeit im Erwachsenenbereich die größte Umstellung gegenüber deiner Arbeit mit Nachwuchstorhütern?

Nico HildebrandtNico Hildebrandt Man macht sich natürlich vorher Gedanken, wie man diese Aufgabe angehen möchte. Ich bin ein Typ, der Herausforderungen annimmt. Deshalb habe ich mich sehr auf die neue Aufgabe gefreut. Ich hatte das Glück, dass ich in Leipzig eine sehr gute Torwarttrainer-Ausbildung genossen habe. Über Jahre hinweg bekam ich insbesondere von Thomas Schlieck und Frederik Gößling sehr guten Input und war aushilfsweise schon bei den Profis mit dabei. Die Arbeit auf dem Platz mit gestandenen Torhütern war für mich also nicht gänzlich neu und um ehrlich zu sein, habe ich nach wenigen Einheiten gemerkt, dass ich mich in dieser Rolle extrem wohl fühle. Ich habe in Summe zehn Jahre im Nachwuchsbereich gearbeitet - drei Jahre für Hertha BSC, sieben für RB Leipzig. So war ich gut darauf vorbereitet, im Profibereich Greuther Fürth anzukommen. Am Ende mache ich das, was ich immer gemacht habe. Es spielt keine so große Rolle, ob ich 17/18-Jährige vor mir habe oder Torhüter, die teilweise etwas älter sind. Im persönlichen Umgang gibt es definitiv Unterschiede. Und was sich sicherlich auch verändert hat, sind die Highlights am Wochenende - was ich aber auch genauso wollte. Man ist in größeren Stadien dabei und erlebt sozusagen den richtigen Fußball. Ich denke, dass ich ein Typ bin, der mit Drucksituationen umgehen kann und der Lust hat, daran gemessen zu werden. Im Nachwuchs ist die Arbeit, die man macht, weniger kurzfristig messbar, weil die (Torwart-)Ausbildung über viele Jahre angelegt ist und von etlichen Faktoren abhängt. Im Profifußball dagegen geht es darum, Woche für Woche zu performen. Mir war bewusst, dass man als Torwarttrainer in Verbindung mit seinem Torhüter in einem gewissen Fokus steht - das gilt für bessere als auch für schlechtere Phasen.

Artur StopperArtur Stopper Du hast im März dieses Jahres deinen Vertrag bei den Kleeblättern bis 2026 verlängert. Was gefällt dir an deiner Arbeit bei Greuther Fürth?

Nico HildebrandtNico Hildebrandt Du bist gut informiert, das habe ich schon am Anfang unseres Gespräches gemerkt (lacht). Als ich letztes Jahr zur SpVgg Greuther Fürth gewechselt war, hatte ich einen Vertrag für zwei Jahre unterschrieben. Der Verein kam recht früh mit dem Wunsch auf mich zu, vorzeitig zu verlängern, was für mich ein großes Kompliment und Bestätigung meiner Arbeit war. Ich bin dankbar für die Chance, die der Verein mir gegeben hat und daher war es für mich selbstverständlich, dass ich den Vertrag verlängere. Ich glaube, dass das Kleeblatt sowohl für junge Trainer als auch für junge Spieler eine Top-Adresse ist, um sich weiterzuentwickeln. Wir haben hier sehr gute Bedingungen, ein Trainerteam, in dem ich mich wohlfühle, und ein Torwartteam, mit dem ich jeden Tag gerne arbeite. Das sind alles Faktoren, unter denen man gerne zur Arbeit kommt und daher freue ich mich auf die weitere Zusammenarbeit.

Nico, ich möchte mich zunächst dafür bedanken, dass du dir Zeit für uns genommen hast, und wünsche dir weiterhin so viel Freude und Erfolg bei deiner Arbeit.

Artur Stopper

Artur Stopper

Mit über 25 Jahren Erfahrung als Torwarttrainer weiß Artur, wie Torhüter ticken. Deshalb bevorzugt er Themen, die die Welt der Torhüter ausmachen: Vereinswechsel, Tiefschläge, Pechsträhnen, Höhenflüge, Emotionen, Ersatzbank, Halbgötter, Erfolge.

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