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Es gibt Momente, in denen sich ein Torhüter nach einem Patzer am liebsten im Boden verkriechen würde. Einen diese Momente erlebte der spanische Nationaltorwart Unai Simon im EM-Achtelfinale gegen Kroatien. In der 20. Minute geschah folgendes: Spaniens Pedri spielte einen Rückpass aus ungefähr 45 m auf seinen Torhüter Unai Simon zurück. Weder Passgeber Pedri noch Keeper Simon wurden bei der Aktion auch nur minimal bedrängt. Auch die Sicht des Keepers auf den Ball war uneingeschränkt. Trotzdem passierte das völlig Unerwartete. Der spanische Nationaltorhüter schätzte die Flugbahn des Balles falsch ein und konnte das Leder deshalb nicht unter Kontrolle bringen. Die Kugel rollte langsam knapp am Fuß des Keepers vorbei in die Maschen. Ein unfassbarer Aussetzer des spanischen Schlussmanns!

Wie konnte dieser Aussetzer passieren?

Um die Szene richtig zu beurteilen, muss zunächst noch einmal der genaue Ablauf betrachtet werden. Ein spanischer Abwehrspieler Laporte passt den Ball flach und gut dosiert in Richtung Mittellinie auf Pedri, der ca. 45 m vom spanischen Tor mit dem Rücken zum Gegner steht. Da Pedri Gegnerdruck spürt, will er den Ball – der auf Ballbesitz ausgerichteten Spieltaktik der Spanier geschuldet - in den eigenen Reihen sichern und spielt ihn deshalb direkt zurück auf seinen Torhüter, der ungefähr 11 m vor seinem Tor steht. Pedris Rückpass fliegt halbhoch ohne Bodenkontakt in Richtung spanisches Tor. Er setzt erstmals etwa 19 m vor dem Tor einmal am Boden auf, springt wieder ab und passiert Simons Fuß auf einer Höhe von etwa 20 cm.

Unai Simon

Grundsätzlich muss man festhalten, dass ein Flugball für einen Torhüter immer schwieriger zu kontrollieren ist als ein am Boden rollender Ball, zumal unter Gegnerdruck. Als Entschuldigung für Simon kann diese Tatsache aber nur bedingt dienen, denn er hatte keinen Gegnerdruck – der nächste Gegenspieler stand 20 m entfernt -, er konnte sich also nur auf die Aufgabe der Ballannahme konzentrieren. Möglicherweise war aber genau dies der Grund für seinen Fauxpas. Die Aufgabe war für einen Torhüter mit seinen spielerischen Fähigkeiten wohl zu leicht, um die volle Konzentration auf diesen Ball zu richten. Möglicherweise war er auch gedanklich schon mit dem nächsten Schritt beschäftigt, nämlich auf welche Weise er den Ball möglichst schnell und effektiv wieder ins spanische Aufbauspiel integrieren könnte. Merke: Zwei Gedanken gleichzeitig ist einer zu viel! Jedenfalls schätzte Simon die Flugbahn falsch ein und konnte den Ball nicht unter Kontrolle bringen, die Kugel trudelte langsam in die Maschen. Der EM der Eigentore wurde ein weiteres hinzugefügt. Zugeschrieben wurde das Eigentor laut der Uefa Mittelfeldspieler Pedri, weil Unai Simon, der eigentliche Sünder, den Ball nicht mehr erkennbar abgefälscht hatte.

Zum Glück musste der junge spanische Keeper aber nicht allzu lange mit seinem Fehler hadern, denn Teamkollege Pablo Sarabia sorgte in der 38. Minute für den Ausgleich der La Furia Roja (dt. Die rote Furie), wie die spanische Nationalmannschaft mit Spitznamen genannt wird. Und letztendlich konnten die Spanier das Spiel in der Verlängerung noch mit 5:3 für sich entscheiden. Seinen Aussetzer auf der großen EM-Bühne dürfte der 25-jährige Unai Simon aber wohl dennoch nicht so schnell vergessen.

Allerdings dient dieser Vorfall auch als Beispiel dafür, wie schnell ein Torhüter nach einem dicken Patzer auch wieder zum Helden aufsteigen kann. Denn nur wenige Tage später ebnete Unai Simon den Spaniern im EM-Viertelfinale gegen die Schweiz den Weg ins Halbfinale. Das größte Kompliment kam von einem, der in der Riege ikonischer spanischer Torhüter ganz weit vorne steht: Iker Casillas, Weltmeister und zweimaliger Europameister. „Grande Unai Simón“, huldigte Casillas dem aktuellen Keeper via Twitter nach dem 3:1 vom Punkt. Simón sei ein „Elfmeterkiller“, betonte Trainer Luis Enrique. Der Fall des jungen spanischen Keepers bestätigt wieder einmal: In keiner Spielposition im Fußball liegt die Rolle als "Held" oder "Depp" so nah beieinander wie bei einem Torhüter.

Torwartspiel Unai SimonEuropameisterschaft

Artur Stopper

Artur Stopper

Mit über 25 Jahren Erfahrung als Torwarttrainer weiß Artur, wie Torhüter ticken. Deshalb bevorzugt er Themen, die die Welt der Torhüter ausmachen: Vereinswechsel, Tiefschläge, Pechsträhnen, Höhenflüge, Emotionen, Ersatzbank, Halbgötter, Erfolge.

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