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Das Spitzenspiel in der französischen Ligue 1 am Mittwochabend zwischen den AS Monaco und Paris St. Germain, in dem die Monegassen zweimal in Führung lagen, letztendlich die Partie aber mit 2:4 verloren, war eigentlich Spektakel und Aufregung genug. Aber nach der Partie war es eine andere Szene, die die Gemüter erhitzte und für viel Gesprächsstoff sorgte.

Es war die Aktion, die sich in der 18. Minute des Spiels ereignete. Obwohl die Hauptstädter mit sechs Spielern gegenüber zwei Angreifern von Monaco in der eigenen Spielhälfte klar in Überzahl sind, gelingt Monacos Ben Seghir beim Stand von 0:0 – wie die Grafik zeigt – ein genialer Steckpass hinter die PSG-Abwehrkette der Pariser auf Außenverteidiger Wilfried Singo.

Sports Graphics, 2024

Gianluigi Donnarumma, der italienische Nationaltorhüter in Reihen der Pariser, steht zum Zeitpunkt des Passes in die Tiefe etwa 16 m mittig vor seinem Tor. Da er den Pass nicht ablaufen kann, lässt er sich auf die Torlinie zurückfallen. Derweil läuft Singo von der rechten Spielhälfte mit Tempo auf das Tor von Paris St. Germain zu.

Sports Graphics, 2024

Als sich Singo den Ball etwa 10 m vor dem Tor noch einmal vorlegt, ist dies der Auslöser für Donnarumma, dem Außenverteidiger entgegenzulaufen und sich in seitlich querer Körperhaltung vor ihm breit zu machen. Singo will den Ball auf Höhe der Torraumlinie über den herauseilenden Keeper chippen, touchiert das Spielgerät aber nur noch leicht vor dem herausgestürzten Donnarumma. Beim anschließenden Versuch, über den PSG-Keeper zu springen, trifft er den mit aufrechtem Oberkörper entgegenkommenen Keeper unglücklich mit den Stollen im Gesicht. Sofort hebt Singo entschuldigend seine Hand, als er den im Gesicht gezeichneten Torhüter am Boden liegen sieht.

Folgen für Donnarumma

Donnarumma bleibt zunächst benommen auf dem Rasen liegen. In einer etwa fünfminütigen Spielunterbrechung wird sein Gesicht noch auf dem Spielfeld auf Höhe des Jochbeins getackert. Trotz seiner Verletzung kann er aber das Feld selbstständig verlassen und wird von Matvey Safonov ersetzt. Noch am Abend machte in den sozialen Medien ein Bild des Keepers mit völlig malträtiertem Gesicht und mehreren klaffenden Wunden auf der Wange die Runde. Nach Angaben seines Klubs erlitt Donnarumma ein Gesichtstrauma mit mehreren Wunden. Der Schlussmann der italienischen Fußball-Nationalmannschaft müsse mehrere Tage aussetzen, teilte PSG weiter mit.

Am Tag nach dem Spiel meldete sich Singo via Instagram zu Wort. "Ich möchte mich bei Gianluigi Donnarumma entschuldigen. Mein Tritt war natürlich nicht absichtlich, ich konnte später sehen, dass er eine schwere Verletzung im Gesicht hatte", schrieb der 23-Jährige. Zudem wünschte er ihm eine „gute Genesung“.

Foulspiel oder Risiko des Keepers?

Uneinigkeit herrschte zwischen den Spielern und dem Schiedsrichter darüber, wie mit dem unabsichtlichen Tritt umzugehen sei. Während Francois Letexier, der Schiedsrichter des Spiels, auf Freistoß für die Pariser entschied und der bereits zuvor verwarnte Singo somit weiterspielen durfte, war die Wahrnehmung einiger Mitspieler Donnarummas eine andere. „Wir alle haben sein Gesicht gesehen. Ich weiß nicht, warum es keine Rote Karte ist“, sagte Donnarummas Mitspieler Gonçalo Ramos. Unterstützung erfuhr er vom Kapitän der Mannschaft. „Ich weiß nicht, ob der Schiedsrichter falsch lag, aber der VAR hätte gerufen werden müssen. Man muss die Spieler schützen“, sagte Marinhos: „In einer Situation wie dieser nicht Rot zu geben, ist hart.“ Auch in den „sozialen Medien“ findet sich die ganze Breite an Beurteilungen. Sie reicht von Verständnis für den Schiedsrichter, weil die Verletzung nicht mit Absicht erfolgte, bis zur Forderung nach Gelb oder Rot oder sogar wochenlangem Ausschluss des Spielers vom AS Monaco.

Es ist die stets wiederkehrende schwierige Beurteilung einer Spielsituation durch den Schiedsrichter, zumal wenn sie - wie in diesem Fall - durch die Blutspuren in Donnarummas Gesicht zusätzlich stark emotional aufgeladen ist. Versuchen wir deshalb einmal einen sachlichen Zugang. Einig scheinen sich alle darin zu ein, dass man Monacos Wilfried Singo keine vorsätzliche Verletzungsabsicht des Keepers unterstellen kann und will. Er versuchte bis zuletzt, den noch freien Ball im Tor des Gegners unterzubringen, während Donnarumma genau das durch entschlossenes Eingreifen zu verhindern versucht. Zudem wird die Aktion von beiden in hohem Tempo durchgeführt. Es ist also einer der Momente, in denen beide Spieler im Kampf um den Ball - selbst gewählt - ein hohes persönliches Verletzungsrisiko eingehen. Singo versucht anschließend noch, über Donnarumma hinweg zu springen. Da er sich aber bis zuletzt auf den Ball konzentrierte, kann er nicht mehr hoch genug abspringen. Nach dem Absprung kann er aber die Sprunghöhe nicht mehr korrigieren. Donnarumma hingegen stürzt Singo mit relativ aufrechtem Oberkörper entgegen, statt sich selbst - wie sonst üblich (siehe Foto) -durch tiefes Abtauchen besser zu schützen. Dadurch wird es für Singo noch schwieriger, dem Körper des PSG-Keepers auszuweichen. So führten wohl ein zu niedriger Absprung des Angreifers und ein relativ aufrechter Oberkörper des Keepers zu diesem unglücklichen Zusammenstoß mit schweren Folgen für den Torhüter. Wer hat aber nun die Kollision verschuldet? Aus meiner Wahrnehmung niemand. Insofern hat der Schiedsrichter die Situation richtig beurteilt und auf einen Platzverweis Singos verzichtet. Eher könnte man sich sogar noch darüber unterhalten, warum das Spiel überhaupt mit einem Freistoß für Paris fortgesetzt wurde, wenn doch kein Foulspiel vorlag. Die Forderungen nach Gelb oder Rot erscheinen mir jedenfalls in keinster Weise gerechtfertigt.

Die Szene zeigt einmal mehr, dass Torhüter in einem Fußballspiel immer wieder Gefahren ausgesetzt sind, die schwere Verletzungen nach sich ziehen können, sei es durch Zusammenstöße in 1gegen1-Situationen, Schüsse aus der Nahdistanz in vulnerable Körperregionen oder Kollisionen in der Luft bei der Raumverteidigung. Wieviel Risiko der Keeper in der jeweiligen Situation zur Verhinderung eines Tores dabei eingeht, muss er selbst für sich entscheiden.

Blickpunkt Gianluigi Donnarumma Paris Saint-Germain Ligue 1

Artur Stopper

Artur Stopper

Mit über 25 Jahren Erfahrung als Torwarttrainer weiß Artur, wie Torhüter ticken. Deshalb bevorzugt er Themen, die die Welt der Torhüter ausmachen: Vereinswechsel, Tiefschläge, Pechsträhnen, Höhenflüge, Emotionen, Ersatzbank, Halbgötter, Erfolge.

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