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Es ist etwa ein Jahrzehnt her, als der deutsche Torhütermarkt mit jungen Torhütern förmlich überflutet wurde. Was war passiert? Der Aufgabenbereich des Torhüters hatte sich plötzlich verändert. Der Torwart hatte seine angestammte Rolle, ausschließlich für die Torverteidigung zuständig zu sein, verloren. Torhüter waren nun gefordert, die im Stil des Niederländers Edwin van der Sar mit dem Ball umgehen konnten, in das Spielsystem der Mannschaft quasi als elfter Feldspieler mit einbezogen waren und als eine Art Libero fungierten. Viele etablierte Torhüter waren mit dieser neuen Spielweise überfordert. Rückpässe wurden nicht selten direkt auf die Tribüne befördert oder wurden zu einem Nervenspiel für die Trainer.

Trendwende zur WM 2006 unter Jürgen Klinsmann

Diese Trendwende wurde zur WM 2006 erstmals offensichtlich, als der damalige Bundestrainer Jürgen Klinsmann auf der Torwartposition der Nationalelf einen Ablösungsprozess einleitete und Jens Lehmann statt Oliver Kahn, dem langjährige National- und dreimalige Welttorhüter, ins Tor der deutschen Nationalmannschaft beorderte. Klinsmann musste eine Welle an Beschimpfungen, nicht nur durch Sepp Maier nach dessen Entlassung als DFB-Torwarttrainer, über sich ergehen lassen. Schließlich hatte er eine Torwart-Ikone aus dem Tor befördert. Aber Klinsmann hatte die Zeichen der Zeit erkannt und Jens Lehmann dem Bayern-Schlussmann vorgezogen, weil dieser das Spiel mit dem Ball beherrschte und über eine überragende Raumverteidigung verfügte. Genau diese Eigenschaften waren im neuen Torwartspiel besonders gefordert.

Das überraschend starke Auftreten der deutschen Nationalmannschaft bei der WM im eigenen Land machte deutlich, dass Klinsmann mit seinen für Deutschland geradezu revolutionären Ideen, die neben dem Torwartspiel auch andere Bereiche wie. z.B. das Athletiktraining betrafen, den richtigen und zukunftsweisenden Weg eingeschlagen hatte. Wurde er zuvor für viele Entscheidungen belächelt oder verbal teils verletzend angegangen, griffen nun viele Trainer in die Bundesliga seine Ideen auf und passten ihr Spielsystem diesen erfolgsversprechenden Neuerungen an. Eine Folge davor war, dass sie verstärkt auf junge Torhüter setzten, die die neuen Anforderungsprofile erfüllten, weil sie in der Jugendausbildung darauf vorbereitet wurden. So wurden einige, teils sehr junge Torhüter mit gerade mal 19 Jahren in ihren Vereinen zu Stammtorhütern: Ter Stegen in Gladbach, Leno in Leverkusen, Baumann in Freiburg, Sven Ulreich in Stuttgart, um nur einige zu nennen. Galt bis dahin der Spruch, dass Torhüter mit über dreißig Jahren im besten Torwartalter seien, so wurde diese Auffassung nun deutlich widerlegt und das Durchschnittsalter der Stammtorhüter in der Bundesliga stark gesenkt.

Bundesliga-Torhüter werden wieder älter

Diese Entwicklung ist erst einmal gestoppt. Vor acht Jahren betrug das Durchschnittsalter aller eingesetzten Torhüter nur 25,9 Jahre, in der laufenden Saison 2019/20 ist der Altersdurchschnitt der Stammtorhüter in der Bundesliga wieder auf 27,6 Jahre angewachsen. Die Stammtorhüter-Positionen sind also eher wieder mit erfahrenen Torhütern besetzt.

Der älteste Torhüter in der deutschen Eliteklasse ist der Norweger Rune Jarstein von Hertha BSC mit 34 Jahren, gefolgt von Nationaltorhüter Manuel Neuer (33), dem Polen Rafael Gikiewicz (31) von Union Berlin und Yann Sommer (30) von Borussia Mönchengladbach. Sie sind zugleich die einzigen Torhüter über der Altersgrenze von 30 Jahren.

Der beiden jüngsten Torhüter stehen in Mainz mit Florian Müller (21) und auf Schalke mit Alexander Nübel (22) zwischen den Pfosten. Beide gehörten zum Aufgebot der deutschen U21-Nationalmannschaft bei der kürzlich zu Ende gegangenen U21-EM in Italien und San Marino, wo die deutsche Elf mit Nübel im Tor erst im Endspiel Spanien mit 1:0 unterlag, und gelten als große Talente für die Zukunft.

Noch mehr Erfahrung bei Ersatztorhütern

Etwas höher liegt der Altersdurchschnitt der Bundesliga-Keeper bei den Ersatztorhütern mit exakt 29 Jahren. Allein neun Bundesligisten haben auf dieser Position einen Torhüter mit über 30 Jahren in ihren Reihen. Der aktuelle U21-Nationaltorhüter Markus Schubert, der vor der Saison aus Dresden auf Schalke gewechselt war, bildet mit 21 Jahren eine absolute Ausnahme auf dieser Position. Außer Robin Zentner (24) von Mainz 05 sind alle anderen Ersatztorhüter über 25 Jahre alt.

Nummer drei als Entwicklungsphase

Jünger sind in den Torwart-Trios der Bundesligisten hingegen die als Nummer drei verpflichteten Torhüter. Sie weisen einen Altersdurchschnitt von 25,5 Jahren auf. Hier gibt es die größten Altersunterscheide. Deutlich erkennbar ist, dass diese Position entweder von Backup-Torhütern wie Michael Rataijcak (37) beim SC Paderborn, Michael Langner (34) bei Schalke 04, Alexander Stolz (35) bei der TSG Hoffenheim oder Philipp Tschauner (33) bei RB Leipzig besetzt wird oder von sehr jungen Torhütern wie Julian Krahl (1.FC Köln), Luca Plogmann (Werder Bremen) oder Christian Früchtl (Bayern München), die alle erst 19 Jahre alt sind. Zehn Bundesliga-Torhüter, die als Nummer drei verpflichtet wurden, sind jünger als 23 Jahre.

Dass sich der Altersdurchschnitt der Bundesliga-Torhüter in den letzten Jahren wieder nach oben entwickelte, ist leicht erklärbar. Einige Torhüter, die in jungen Jahren zu Stammtorhütern wurden, besetzen noch heute diese Position. So konnte z.B. Oliver Baumann (TSG Hoffenheim) vor kurzem mit 29 Jahren sein 300. Bundesliga-Spiel absolvieren. Zu ihrem bereits großen Können hat sich im Laufe der Zeit die Erfahrung hinzugesellt, ein nicht unwesentlicher Faktor im Torwartspiel. Deshalb gelingt es immer weniger jungen Torhütern, sich bereits in jungen Jahren gegen die Etablierten durchzusetzen. In Teilen der Medienlandschaft war deshalb schon ein Klagen darüber zu vernehmen, dass zu wenig gute Nachwuchstorhüter nachwachsen würden und die große Ära deutscher Torhüter zu Ende gehen könnte. Seit den großartigen Auftritten von Alexander Nübel oder Florian Müller im Verein und bei der U21-Nationalmannschaft wissen alle Zweifler, dass diese Angst unbegründet ist.

Analyse 1. Bundesliga

Artur Stopper

Artur Stopper

Mit über 25 Jahren Erfahrung als Torwarttrainer weiß Artur, wie Torhüter ticken. Deshalb bevorzugt er Themen, die die Welt der Torhüter ausmachen: Vereinswechsel, Tiefschläge, Pechsträhnen, Höhenflüge, Emotionen, Ersatzbank, Halbgötter, Erfolge.

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