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Jeder kennt den Begriff des „Trainingsweltmeisters“. Damit gemeint sind Sportler, die im Training gute Leistungen abliefern, aber ihr Leistungsvermögen unter Wettkampfbedingungen nicht entsprechend umsetzen können. Unter Druck verlieren sie ihr Selbstvertrauen und haben Versagensängste, sowohl vor als auch im Wettkampf. Aber negative Gedanken beeinflussen das Verhalten. Im Artikel „Drucksituation: Warum Torhüter versagen“ haben wir euch aufgezeigt, wie gesteigerte Selbstaufmerksamkeit oder Ablenkung durch Druck in Drucksituationen zum Versagen des Torhüters führen kann. Diesen Einflüssen ist ein Sportler aber nicht schutzlos ausgesetzt. Es gibt verschiedene Methoden, wie sich Stresssituationen abmildern oder sogar vermeiden lassen. Grundlage für erfolgreiches Verhalten ist immer, dass der Sportler davon überzeugt ist, dass er das im Training Erworbene in der Wettkampfsituation umsetzen kann. Diese Überzeugung gilt es im Training ständig zu verbessern.

Viele von uns haben den Dokumentarfilm „Sommermärchen“ über die Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland 2006 gesehen. In dem Film wurde eine der möglichen Methoden erstmals einer breiten Öffentlichkeit bekannt: das Prognosetraining. Es basiert auf Erkenntnissen des Sportwissenschaftlers Hans Eberspächer und wurde von Hans-Dieter Hermann, dem Sportpsychologen der deutschen Nationalmannschaft, für die mentale Vorbereitung der Mannschaft auf das WM-Turnier genutzt. Doch was bedeutet Prognosentraining, und wie wendet man es an? Wie können speziell die Torhüter diese Methode für sich nutzen? Goalguard sagt es euch.

Die Filmszene von 2006

Zur mentalen Vorbereitung auf die besonderen Drucksituationen bei der Heim-WM erhielten die Spieler von Hans-Dieter Hermann die Aufgabe, einen Elfmeter nicht nur zu verwandeln, sondern genau die Zielzone vorherzusagen. Wer an dieser Aufgabe scheiterte, musste am Abend den Rest der Mannschaft beim Abendessen bedienen. Auch wenn die Folgen des Versagens nicht mit der Drucksituation und den Konsequenzen eines WM-Spiels vergleichbar waren, so wurde mit dieser Aufgabe trotzdem ein gewisser Druck erzeugt, der durch den Tischdienst als Konsequenz beim Versagen unangenehme Folgen mit sich brachte.

Wie funktioniert Prognosetraining?

Im Prognosetraining wird eine Spielsituation im Training möglichst realistisch simuliert. Durch Übung und positive Erfahrungen mit der Aufgabe baut der Sportler Ängste und Hemmungen ab und entwickelt durch Erfolgserlebnisse und Routine das Gefühl, die Herausforderung zu beherrschen. Denn wer fest daran glaubt, eine Aufgabe erfolgreich bewältigen zu können, bleibt in stressigen Situationen ruhiger und kann sich besser konzentrieren.

a) Realistische Selbsteinschätzung

Damit beispielsweise der Torhüter die psychische Beanspruchung bereits im Training erleben kann, muss er zunächst seine eigenen Fähigkeiten richtig einschätzen. Dazu empfiehlt Eberspächer im ersten Schritt, die Anforderung und das Ziel festzulegen (z.B. 10 Elfmeter gegen einen Schützen). Dann gibt jeder Teilnehmer seine Prognose und das vermeintliche Ergebnis ab (Ich halte 3 von 10 Elfmetern). Anschließend versucht der Sportler, seine Prognose zu erfüllen. Nachdem die Herausforderung durchgeführt worden ist, wird die aufgestellte Prognose überprüft unter den Gesichtspunkten: War sie realistisch? Woran lag es, dass sie erreicht, nicht erreicht oder übertroffen wurde? Bleibt der Sportler hinter den eigenen Erwartungen zurück, ist es wichtig, die Gründe hierfür zu analysieren, um gegebenenfalls an den Defiziten arbeiten zu können. Gegebenenfalls sollte dann die Prognose verändert und bei zukünftigen Aufgaben angepasst werden.

b) Erwartungen unter Druck abrufen

Wenn der Sportler gelernt hat, seine eigenen Fähigkeiten richtig einzuschätzen, werden in den nachfolgenden Einheiten des Prognosetrainings realistischere Vorhersagen erstellt. Denn der Athlet hat nun eine Vorstellung davon, welche Leistung er realistisch erbringen kann. Im Folgenden soll er diese Fähigkeiten auch unter Druck stabil abrufen zu können. Dazu wird Druck erzeugt durch Konsequenzen - die vorab zwischen Sportler und Trainer vereinbart wurden -, und die eintreten, wenn die Umsetzung der Prognose misslingt oder gelingt.

Negative Konsequenzen erzeugen Druck

Bestand der Erfolg oder Misserfolg einer Vorgabe im ersten Schritt darin, die Prognosen erfüllt oder nicht erfüllt zu haben, kann der Druck nun schrittweise erhöht werden, indem das Erfüllen der Prognose mit positiven oder negativen Konsequenzen verbunden ist. Im Spiel kann ein Fehler oder ein Versagen zu einer Niederlage führen und bringt für den „Versager“ negative Konsequenzen mit sich, z.B. durch Fans und Medien. Im Prognosetraining soll der Sportler im Training dieser Stresssituation ausgesetzt und auf die Herausforderung vorbereitet werden. Verfehlt der Sportler seine Prognose, hat dies unangenehme Konsequenzen für ihn. Denn bei Versagen muss er unangenehme Zusatzaufgaben ableisten, z.B. die Trainingsgeräte wegräumen, die Kabine nach dem Training aufräumen, athletische Zusatzübungen absolvieren usw. Der Fantasie des Trainers sind keine Grenzen gesetzt! Der Sportler wird also bereits im Training systematisch einem hohen Stress ausgesetzt. So lernt er, mit erlebten Belastungen besser umzugehen und in Drucksituationen eine höhere Leistung zu erbringen.

Natürlich kann die Stressdosis mit der Zeit gesteigert werden, indem die Konsequenz drastischer und die Vorgaben schwieriger zu erfüllen sind. Immer sollten sie aber so gewählt werden, dass sie realistisch umzusetzen sind und zu keiner Überforderung und damit zu Frust führen. Versagen demotiviert und hat einen gegenteiligen Effekt zur Folge.

Erfolgserlebnisse sind eine entscheidende Basis, um Selbstbewusstsein aufzubauen. Denn der Athlet braucht die Überzeugung, dass er das Ziel erreichen kann, auch unter Druck, wenn er sich einsetzt und konzentriert. In einer wettkampfnahen Situation macht der Sportler so die Erfahrung, den Anforderungen gerecht werden und dem Druck standhalten zu können, auch wenn äußere Komponenten und Beeinflussungen wie z.B. Zuschauer oder der Spielstand in der Trainingssituation fehlen. Der Sportler baut daraus die Zuversicht auf, auch in Stresssituationen die anstehende Aufgabe bewältigen zu können. Wie oft das Prognosetraining durchgeführt werden soll? Auch dazu hat Eberspächer eine Empfehlung: „Selbstverständlich kann der Trainingsalltag nicht nur aus Prognosetraining bestehen. Ohne Frage braucht man auch Zeit für andere Zielstellungen; es ist jedoch zweckmäßig und sinnvoll, das Prognosetraining regelmäßig durchzuführen."

In einem Folgeartikel werden wir euch anhand von Beispielen zeigen, wie Prognosetraining speziell im Torwarttraining umgesetzt werden kann.

Training

Artur Stopper

Artur Stopper

Mit über 25 Jahren Erfahrung als Torwarttrainer weiß Artur, wie Torhüter ticken. Deshalb bevorzugt er Themen, die die Welt der Torhüter ausmachen: Vereinswechsel, Tiefschläge, Pechsträhnen, Höhenflüge, Emotionen, Ersatzbank, Halbgötter, Erfolge.

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